Großkundgebung in der Türkei "Marsch für Gerechtigkeit" am Ziel
Nach drei Wochen und 425 Kilometern ist der "Marsch der Gerechtigkeit" am Ziel: Der türkische Oppositionsführer Kilicdaroglu beendete Protestzug bei einer Großkundgebung in Istanbul. Zehntausende hatten ihn auf seinem Weg von Ankara zu Fuß begleitet.
Mehrere hunderttausend Menschen haben sich in Istanbul zu einer Großkundgebung des türkischen Oppositionsführers Kemal Kilicdargolu versammelt. Die Veranstaltung im Stadtteil Maltepe am Marmara-Meer bildet den Abschluss eines mehr als dreiwöchigen "Marsches für Gerechtigkeit" des Oppositionsführers. Dort forderte er eine Aufhebung des Ausnahmezustands in seinem Land: "Wir wollen, dass alle antidemokratischen Praktiken enden."
Die Gerichte würden ihre Entscheidungen "auf Anweisung des Palastes treffen", sagte Kilicdaroglu vor jubelnden Anhängern in Anspielung auf Erdogans Präsidentenpalast. "Wir sind marschiert, für die Gerechtigkeit, die es hier nicht gibt." Die Demonstranten skandierten "Recht, Justiz, Gerechtigkeit" und schwenkten türkische Fahnen.
Angekommen in Istanbul: Zur Großkundgebung kamen Hunderttausende.
425 Kilometer war der 68-jährige Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei CHP zu Fuß von Ankara nach Istanbul marschiert. Zuletzt folgten ihm täglich Zehntausende Menschen auf seinem Marsch. Begonnen hatte Kilicdaroglu den Protestzug am 15. Juni, nachdem ein Istanbuler Gericht den CHP-Abgeordneten Enis Berberoglu wegen eines Artikels über geheime Waffenlieferung an islamistische Rebellen in Syrien zu 25 Jahren Haft verurteilt hatte.
Regierung versprach Schutz der Demo
Die Kundgebung heute fand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt. Während Kilicdaroglu zu Beginn nur begleitet von einigen hundert Polizisten über die Landstraße marschiert war, wurde die Marschstrecke angesichts der Vielzahl an Teilnehmern zuletzt weiträumig für den Verkehr gesperrt.
Ministerpräsident Binali Yildirim versicherte am Freitag, es werde alles Nötige getan, um die Sicherheit der Abschlusskundgebung zu garantieren. Er forderte jedoch die CHP auf, nach der Kundgebung ihren Protest zu beenden.
Kilicdaroglu verschafft sich Gehör
Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Kilicdaroglu zuvor wiederholt vorgeworfen, mit dem Marsch "Terroristen" zu unterstützen. Da der Marsch aber friedlich blieb, schritt die Regierung nicht ein. In den türkischen Medien fand der Protestzug zuletzt große Aufmerksamkeit. Während regierungstreue Zeitungen teils vom "Marsch der Verräter" schrieben, lobten andere Kolumnisten, dass es Kilicdaroglu erstmals gelungen sei, mit dem Marsch ein Thema zu setzen.
Kilicdaroglu war immer wieder vorgeworfen worden, Erdogan nicht entschieden genug entgegenzutreten. Auch in der eigenen Partei war kritisiert worden, dass er nach dem umstrittenen Verfassungsreferendum vom 16. April seine Anhänger nicht zu Protesten auf die Straße rief. Die Regierung hatte den Volksentscheid über die Stärkung der Macht des Präsidenten offiziell knapp gewonnen, doch hatte die Opposition ihr Wahlfälschung vorgeworfen.