Auf Sarkozy folgt Topolanek Euro-Skeptiker übernimmt EU-Ratspräsidentschaft
Man bescheinigt ihm ein dickes Fell - und das wird er auch brauchen. Am 1. Januar übernimmt Tschechiens Premierminister Topolanek die EU-Ratspräsidentschaft von Frankreichs Premier Sarkozy. Ein Porträt über einen Mann, der einer tendenziell europafeindlichen Partei vorsteht und sich selbst als "Euro-Realisten" bezeichnet.
Von Peter Hornung, ARD-Hörfunkstudio Prag
Es war ein Moment, der viel über diesen Mann sagte: Vor fast genau einem Jahr, die Militärkapelle spielt, Mirek Topolanek hatte gerade eine Rede zum Beitritt seines Landes zum Schengenraum gehalten. Hinter ihm standen Angela Merkel und der polnische Premier Donald Tusk. Topolanek dreht sich um zu seinem Innenminister und Duzfreund Ivan Langer, klatscht ihn ab. Gimme five - wie es zwei Sportler gerne tun.
Der 52-Jährige gibt sich gerne betont locker - und zumindest an Körpergröße überragt der Tscheche mit seinen 1 Meter 97 seinen Vorgänger Nicolas Sarkozy bei weitem. Politik ist für den Liberalkonservativen, wie er sich nennt, eine Art Sport und so spricht er auch gerne.
Dogmatiker Klaus gegen Pragmatiker Topolanek
In der Politik ist der studierte Maschinenbauer schon seit der Wende, zunächst auf lokaler Ebene in seiner Heimat Mähren. Nach Prag kam er vor zwölf Jahren, wurde Mitglied der zweiten Parlamentskammer, des Senats. 2002 wählte ihn seine Partei, die konservative ODS, zum Vorsitzenden, als Nachfolger von Václav Klaus, der damals Staatspräsident wurde. Der Dogmatiker Klaus machte seither nie einen Hehl aus seiner Abneigung gegen Topolanek, den Pragmatiker.
2006 wurde Topolanek schließlich Ministerpräsident, Chef einer Koalitionsregierung von Konservativen, Christdemokraten und Grünen. Allerdings: Seine Mehrheit im Parlament war schon damals denkbar knapp und mittlerweile kann er nur noch mit Hilfe von Überläufern regieren. Kein Wunder, dass Topolanek sich weniger mit der Durchsetzung von Reformen beschäftigen konnte als mit seinem persönlichen Machterhalt.
"Euro-Realist" an der Spitze Europas
Beim Thema Europa vertritt Mirek Topolanek eine gemäßigte Position in seiner Partei, die eigentlich tendenziell EU-skeptisch bis feindlich ist. Er selbst sei Euro-Realist, sagt er. Den Lissabon-Vertrag, den Staatspräsident Klaus kategorisch ablehnt, sieht der Premier als notwendiges Übel, wie er anlässlich des Besuchs von Angela Merkel Mitte Oktober auch sagte. "Für mich ist der Lissaboner Vertrag ein schwerer Kompromiss, ein Tribut, den man zollt, um die Möglichkeit zu haben, zu einem bestimmten Kreis zivilisierter Staaten zu gehören." Deswegen unterstütze er die Ratifizierung, trotz aller Probleme, die er mit diesem Vertrag habe.
Ein Premier auf Abruf setzt sich durch
Als politisches Schwergewicht wurde Mirek Topolanek in Prag lange nicht gesehen. Seine schwärzesten Stunden erlebte er im Oktober dieses Jahres, als die von ihm geführte Partei in den Regional- und Senatswahlen klägliche Niederlagen hinnehmen musste. Topolanek schien schon wie ein Premier auf Abruf. Besonders Präsident Klaus sägte an seinem Stuhl und hatte schon einen Nachfolger in petto, den Prager Oberbürgermeister Pavel Bém.
Doch am Ende hatte Topolanek die Nase vorne und Präsident Klaus zog sich aus der ODS zurück. Aufgeben sei seine Sache nicht, sagte Mirek Topolanek: "In Momenten, in denen andere Mut, Hoffnung, Kraft und die Lust weiter zu machen verlieren, fange ich erst an. Meine Fähigkeiten und meine Leistung wachsen mit den Aufgaben. Je komplizierter und hoffnungsloser die Situation ist, desto mehr arbeite ich auf ein gemeinsames Ziel hin."
Ein dickes Fell hat er
Beste Voraussetzungen für den neuen EU-Ratsvorsitzenden, der nun als Nachfolger von Nicolas Sarkozy besonders kritisch beäugt werden dürfte. Das dicke Fell, das man für dieses Amt braucht, das hat er ganz sicher, der Sportsmann Mirek Topolanek.