Überraschung im UN-Sicherheitsrat Russland legt Syrien-Resolution vor
Nach monatelanger Blockade hat Russland dem UN-Sicherheitsrat überraschend einen Entwurf einer Syrien-Resolution vorgelegt. Darin wird die Gewalt aller Beteiligten in dem Land verurteilt. Die anderen Ratsmitglieder begrüßten zwar den Vorstoß, allerdings geht er ihnen nicht weit genug.
Nach Monaten des Stillstands zeichnet sich im UN-Sicherheitsrat eine neue Möglichkeit für eine Verurteilung der Gewalt in Syrien ab. Überraschend legte Russland einen Resolutionsentwurf vor. Darin wird die Gewalt aller Beteiligten in dem Land verurteilt. Die Rede ist auch von einem unverhältnismäßigen Vorgehen der Behörden. Bislang hatte Russland Syriens Staatschef Baschar al Assad unterstützt.
Im Sicherheitsrat wurde der russische Entwurf positiv aufgenommen. Mehreren Ländern ging er aber nicht weit genug, weil er keine Sanktionen vorsieht. Diese wären "kontraproduktiv", begründete der russische Botschafter Witali Tschurkin. "Der Entwurf soll die Gewalt in Syrien beenden und dem Land helfen, seine politischen Reformen weiter durchzuführen", sagt er weiter.
Bedarf für Nachbearbeitung
Mehrere Mitglieder des Sicherheitsrats - darunter auch die Vertreter Deutschlands und Frankreichs - gehen die Forderungen der beiden Vetomächte nicht weit genug. Sie wollen versuchen, mit Russland über eine härter formulierte Resolution zu verhandeln, die möglicherweise auch ein Waffenembargo vorsieht.
US-Außenministerin Hillary Clinton äußerte sich zunächst vorsichtig zu der Initiative. Sie kündigte eine sorgfältige Prüfung des Entwurfs an, nannte aber schon einige Punkte, mit denen sie sich nicht einverstanden erklärte. So bemängelte sie, dass "friedliche Demonstranten und andere Syrer, die versuchen, sich selbst zu verteidigen" mit der Regierung scheinbar gleichgesetzt würden.
Der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig begrüßte zwar die russische Initiative als Chance, die Differenzen im Rat zu überbrücken. Zugleich meldete er jedoch weiteren Gesprächsbedarf an: "Wir werden diskutieren und hoffen, dass wir die Lücken (im Entwurf) füllen können."
Laut UNO schon 5000 Tote
Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay hatte den Rat am Montag in einer geschlossenen Sitzung davon unterrichtet, dass das gewaltsame Vorgehen der Regierung Baschar al-Assad schon mehr als 5000 Menschenleben in der Zivilbevölkerung gefordert hat. Pillay warf Assads Sicherheitskräften außerdem Folter und Vergewaltigungen vor.
Sie äußerte den Verdacht, dass die Regierung in Damaskus Verbrechen gegen die Menschlichkeit begehe und empfahl dem Sicherheitsrat, den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) anzurufen.
Syrische Opposition tagt in Tunesien
Um die Zeit nach dem Assad-Regime vorzubereiten, trifft sich von heute an der syrische Nationalrat in Tunesien. In einem Hotel in der Hauptstadt Tunis werden in den kommenden drei Tagen rund 200 Oppositionelle aus Syrien über ihre Struktur und ihr politisches Programm beraten.
Zu dem Treffen werden auch ausländische Botschafter, tunesische Abgeordnete und Menschenrechtsaktivisten erwartet. Der im September gegründete Nationalrat vertritt die bedeutendsten syrischen Oppositionsgruppen.