UNHCR-Bericht zu syrischen Flüchtlingskindern Verletzt, allein und traumatisiert
Mehr als eine Million Kinder sind vor dem Bürgerkrieg in Syrien in angrenzende Länder geflohen. Untergebracht in Notunterkünften leben sie oft spärlich versorgt weit weg von ihrem gewohnten Umfeld - mit fatalen Folgen. Mitarbeiter des UN-Flüchtlingswerks befragten zwischen Juli und Oktober Hunderte der Kinder in Jordanien und im Libanon. Der Bericht liegt jetzt vor.
1000 Tage Bürgerkrieg in Syrien, zweieinhalb Jahre Bomben, Granaten und die Angst davor. Es ist ein Bericht des Schreckens, den die UN - mal wieder - vorgelegt hat zur Situation der Kleinsten und Schwächsten in diesem Krieg. Kinder werden verletzt durch Heckenschützen, Raketen, Flugkörper und herabfallende Trümmer. Zerstörung, Hass, Gewalt und Tod erleben sie hautnah.
Über eine Million Kinder hat der Krieg aus dem Land getrieben. Das Flüchtlingshilfswerk der UN sagt, die allermeisten seien jünger als zwölf Jahre. Sie sind geflüchtet in die Nachbarländer - in den Libanon, nach Jordanien, in die Türkei, in den Irak, nach Ägypten. Die Kinder fliehen teilweise ohne Eltern, weil die Familien zerbrochen sind oder ein Elternteil getötet wurde. Manchmal werden die Kinder allein lebend gefunden, nur mit einem T-Shirt bekleidet.
Ein riesiger psychologischer Stress
Volker Turk von den Vereinten Nationen spricht über die Folgen: "Der riesige psychologische Stress für die Kinder, die Mischung aus Traurigkeit und Wut und das Gefühl von völliger Isolation. Zusammengenommen typische Traumatisierungen, die eigentlich psychologisch behandelt werden müssten."
Körperliche und seelische Wunden, Schlaflosigkeit, Sprachstörungen, Aggression, Hyperaktivität - das sind die emotionalen Reaktionen der Kinder auf den Krieg. Und es ist noch viel mehr, sagt UN-Sprecher Adrian Edward: "Es ist ein Mischung aus Stress, aber ein ökonomischer Faktor: Die Kinder gehen nicht mehr zur Schule, die Freunde fehlen und das gewohnte Umfeld."
Gefahr einer bildungslosen Generation
Wenn nicht schnell etwas geschieht, wird wegen des Krieges auch eine Generation ohne formale Bildung heranwachsen. Hinzu kommt: Frauen, die ihre Kinder jetzt im Exil gebären, bekommen dort meist keine Geburtsurkunde. Hunderte Kinder wachsen schon jetzt staatenlos auf. Für sie ist das Risiko, einmal Opfer von Menschenhandel oder Ausbeutung zu werden, besonders groß.
Die Langzeitfolgen des syrischen Bürgerkrieges, das ist schon jetzt absehbar, sind katastrophal. Deshalb, so das Flüchtlingswerk der UN, muss jetzt schnell gehandelt werden - für die Unschuldigen, die auf entsetzliche Weise und Teil des Krieges geworden sind. Auch und vor allem für die Kinder von Syrien muss die geplante Friedenskonferenz am 22. Januar in Genf der Beginn sein von dauerhaftem Frieden in dem arabischen Land.