Hintergrund Die Streitpunkte vor dem EU-Gipfel
Vor dem entscheidenden Gipfeltreffen zur EU-Reform in Lissabon am Donnerstag und Freitag haben Italien, Polen, Österreich und Bulgarien noch Probleme, dem entsprechenden Vertrag zuzustimmen. Ein Überblick über die Kritikpunkte der vier Länder:
Italien: Regierungschef Romano Prodi ist gegen die geplante Neuverteilung der Stimmrechte im Europaparlament. Italien soll von 2009 an nur noch 72 Abgeordnete haben, Großbritannien aber 73 und Frankreich 74. Derzeit verfügen die drei Staaten jeweils über 78 Abgeordnete. Prodi will den EU-Reformvertrag daran nicht komplett scheitern lassen. Es wird jedoch vermutet, dass Italien die Ratifizierung hinauszögern könne - als Denkzettel an die EU. Tritt der Vertrag nicht vor den Europawahlen 2009 in Kraft, kann auch das Parlament nicht nach den neuen Vorgaben gewählt werden.
Polen: Im Streit mit Polen zeichnet sich ein Kompromiss ab. Die anderen Staaten wollen dem Land den festen Posten eines Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof zuweisen, wie ihn Deutschland und weitere große EU-Mitglieder bereits haben. Warschau will außerdem die sogenannte Ioannina-Klausel im Reformvertrag verankern. Durch diese Klausel konnte bisher eine Gruppe kleinerer EU-Staaten bei unliebsamen Mehrheitsbeschlüssen einen Aufschub erwirken. Die anderen EU-Staaten bevorzugen eine deutlich unverbindlichere Lösung.
Bulgarien: Sofia pocht auf eine eigene Schreibweise des Euro. Das Land will die Währung im kyrillischen Alphabet mit Buchstaben schreiben, die der Aussprache "Ewro" entsprechen, da es die Silbe "eu" im Bulgarischen nicht gibt. Die Europäische Zentralbank ist dagegen. Der "Euro" sei eine feste Marke.
Österreich: Für den Streit mit Wien fand sich vor dem Gipfel noch eine befristete Lösung. Österreich befürchtete bei dem geforderten freien Hochschulzugang in der EU, dass unzählige deutsche Medizinstudenten ins Land kommen könnten. Wien fordert deshalb, drei Viertel der Studienplätze für Österreichs Abiturienten reservieren zu dürfen. Die EU-Kommission hält dies für einen Verstoß gegen Europarecht. Beide Seiten einigten sich, dass die EU in den kommenden fünf Jahren kein Verfahren gegen die Quotenregelung der Österreicher einleiten wird. In dieser Zeit soll eine dauerhafte Lösung gefunden werden.