Spanien übernimmt die Ratspräsidentschaft Wettbewerb ums Rampenlicht in der EU
Zum Jahreswechsel hat Spanien die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Auch wenn mit Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags die Ratspräsidentschaft an Bedeutung verliert, will Spanien eine wichtige Rolle spielen. Aber auch der neue Ratspräsident van Rompuy will Akzente setzen.
Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkkorrespondentin Brüssel
Es ist das vierte Mal, dass Spanien den Ratsvorsitz der EU übernimmt. Doch dieses Mal gibt es einen entscheidenden Unterschied: Jetzt gilt der Lissabon-Reformvertrag, und der hat die rotierende Ratspräsidentschaft abgewertet zu Gunsten des neuen, ständigen Ratspräsidenten.
Der erste Mann auf diesem Posten, der Belgier Herman van Rompuy, steht formal über dem spanischen Regierungschef José Luis Zapatero. Doch van Rompuy macht seinem Ruf als diplomatischer Vermittler alle Ehre. Das wurde beim ersten Zusammentreffen mit Zapatero in Spanien deutlich: "Für uns Belgier ist Spanien das Land der Sonne. Als ich ankam, habe ich nur Schnee gesehen. Das war ein Kulturschock. Aber die Wärme, mit der ich hier aufgenommen wurde und die unser Gespräch geprägt hat, diese Wärme hat alles wieder aufgewogen.
Van Rompuy und Spaniens Ministerpräsident Zapatero beschwörten Harmonie in Madrid
Obama kommt nach Madrid, nicht nach Brüssel
Wärme also, oder, wie der spanische Außenminister Miguel Angel Moratinos sagt, Spanien unterstütze die Arbeit van Rompuys, und zwar bescheiden und diskret. Ein wenig Glanz wird auf Spanien aber dennoch fallen. Man hat sich in Madrid eine Übergangsregelung ausbedungen, zumindest die Gipfel mit Drittländern werden in Spanien abgehalten. Aus diesem Grund wird unter anderem US-Präsident Barack Obama im Mai nach Madrid kommen. Auch die informellen Treffen der EU-Außenminister will man nicht ganz der neuen EU-Außenpolitikchefin, Catherine Ashton, überlassen. Sie wird die Treffen gemeinsam mit Moratinos leiten.
Moratinos setzt auf Harmonie im Umgang mit dem Ratspräsidenten, ein Wettbewerb wird sich aber wohl nicht vermeiden lassen.
Gefragt nach den inhaltlichen Akzenten, die die spanische Ratspräsidentschaft setzen möchte, nennt Regierungschef José Zapatero die Wiederbelebung der Wirtschaft, des Arbeitsmarktes und die Strategie "EU 2020". Spanien will also Impulse für Wirtschaft und Arbeitsmarkt setzen. Die Strategie EU 2020 soll der EU einen Wirtschaftsaufschwung bringen.
Van Rompuy setzt eigene Akzente
Wie der Weg aus der Finanzkrise aussehen könnte, das wird van Rompuy zufolge Thema eines Sondergipfels Anfang Februar sein: "Wir werden einen informellen Rat haben zum Thema Wirtschaft und Arbeitsmarkt sowie zu einer Strategie für die Wirtschaft."
Auch van Rompoy will Akzente setzen.
Hier merkt man bereits, dass der ständige Ratspräsident eigene Akzente setzen will – oder, wie es die Spanier sagen: Er hat eben den Stier bei den Hörnern gepackt. Das klingt etwas verschnupft, aber die spanischen Spitzenpolitiker haben jetzt ein halbes Jahr lang Zeit, ihre Themen voranzubringen. Man hat sich neben Impulsen für die Wirtschaft einiges vorgenommen: Mehr für die Gleichstellung von Mann und Frau tun, den Lissabon-Vertrag umsetzen und die Rolle Europas in der Welt stärken.