Regionalwahl in Katalonien Der Riss wird größer
Bei der Regionalwahl in Katalonien sichern sich die Separatisten die Mehrheit. Doch auch die Abspaltungsgegner schneiden stark ab. Der Konflikt droht sich zu verschärfen. Denn ein Gesprächsangebot des Ex-Regierungschefs Puigdemont lehnte Ministerpräsident Rajoy ab.
Ein Foto ist auf fast allen spanischen Titelseiten präsent: Der abgesetzte katalanische Regionalpräsident, Carles Puigdemont, sitzt in seinem Brüsseler Exil vor einem Computer und freut sich mit aufgerissenem Mund sichtlich über die Wahlergebnisse aus der Heimat. Im Rest Spaniens fällt die Freude dagegen wesentlich kleiner aus.
Macht das Wahlergebnis alles noch schlimmer?
Der Madrider Kioskbesitzer Fernando glaubt, dass die Krise im Streit um die Abspaltung Kataloniens von Spanien jetzt weitergeht oder sogar noch schlimmer werden könnte. Weitere Unternehmen würden Katalonien verlassen, meint Fernando.
Für Juan Jose, der sein Kind gerade in die Schule bringt, trägt dagegen der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy die Hauptschuld für den Wahlausgang und für das schlechte Abschneiden seiner konservativen Volkspartei in Katalonien: "Er hat das katalanische Problem von Anfang an nicht erkannt. Er hat gedacht, es würde sich von selbst erledigen. Jetzt müssen sich beide Seiten an einen Tisch setzen und miteinander verhandeln."
Treibstoff für Konflikte noch vorhanden
Auch die Presse spricht von einer deftigen Pleite für den spanischen Regierungschef. Das Madrider Blatt "El Pais" schreibt, die Niederlage werde Konsequenzen für ganz Spanien haben. Der Treibstoff für sozialen und politischen Konflikt sei weiter da. Die katalanische Zeitung "La Vanguardia" ruft die Separatisten dazu auf, vergangene Fehler nicht zu wiederholen und den Dialog mit der anderen Seite zu suchen, um die Spaltung der Gesellschaft nicht noch schlimmer zu machen.
Doch bis es dazu kommt, könnte es noch etwas dauern. Im spanischen Rundfunk schildert die Abgeordnete der Puigdemont-Wahlliste, Isabel Ferrer, ihre Sicht der Dinge. Die Botschaft der katalanischen Wähler sei klar gewesen: "die Treue zu den katalanischen Institutionen und zum legitimen Präsidenten Puigdemont" und "die klare Absage an den Artikel 155, der ein Desaster war". Das müssten Spanien und auch Europa zur Kenntnis nehmen.
Puigdemont zu Gesprächen bereit
Ähnlich äußerte sich Puigdemont in Brüssel: Spaniens Ministerpräsident Rajoy müsse den Wahlsieg der Separatisten anerkennen. Puigdemont schlug jedoch Gespräche vor: Er sei bereit, sich mit Rajoy außerhalb Spaniens zu treffen.
Rajoy lehnte Puigdemonts Angebot jedoch ab. Er betonte, er setze zwar auf eine "neue Ära des Dialogs" mit der künftigen Regionalregierung Kataloniens. Voraussetzung sei jedoch, dass sich deren Mitglieder an die spanische Verfassung und die Gesetze hielten. Die Wahl in Katalonien habe gezeigt, dass es in der Region verschiedene Ansichten über eine Abspaltung gebe.
Separatisten hoffen auf Puigdemonts Rückkehr
Auf den Straßen von Barcelona sind die Meinungen über das Wahlergebnis geteilt. Einige finden es schade, dass die liberale Partei Ciudadanos, die eine Abspaltung ablehnt, jetzt vermutlich nicht regieren kann, obwohl sie die meisten Mandate erobert hat. Eine Frau hofft dagegen auf die Rückkehr des geschassten Ex-Regionalpräsidenten Puigdemont: "Ich habe ihn gewählt. Die Separatisten sind die Sieger, auch wenn sie nicht genug Stimmen haben, dafür aber insgesamt mehr Mandate."