Volksabstimmung in der Slowakei Homosexuellen droht Diskriminierung
Die Slowaken sollen in einem Referendum entscheiden, was Ehe und Familie bedeuten. Der Wahlkampf wird hitzig geführt, Bischöfe rufen zur Teilnahme auf, Medien verweigern die Ausstrahlung von Werbespots. Bei einem Erfolg droht Ärger mit der EU.
"Adam, das sind deine neuen Eltern. Aber wo ist die Mama?", fragt der kleine Junge und blickt schüchtern auf die beiden händchenhaltenden Männer. Der kontroverse Fernseh-Werbespot der "Allianz für die Familie" hat die emotionale Debatte um die Volksabstimmung zusätzlich angeheizt. Fast alle Fernsehsender verweigerten die Ausstrahlung.
Diese Selbstzensur der Medien sei Ausdruck einer falschen politischen Korrektheit, sagt der Sprecher der konservativen Bürgervereinigung Peter Kremsky: "Das Ganze verläuft doch nach einer Salami-Taktik." Erst kämen registrierte Partnerschaften, dann Adoptionen und schließlich würden Kritiker mundtot gemacht. "Die extrem linken Homo-Aktivisten und Feministen wollen die natürlichen Familien zerschlagen."
Fragwürdiger Fragenkatalog
Die Bürger sollen deshalb jetzt selbst entscheiden, was Ehe und Familie künftig in der Slowakei bedeute. Drei Fragen stehen auf dem Wahlzettel. "Ist die Ehe nur eine Verbindung zwischen Mann und Frau?" "Sind sie für das Verbot von Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare?" und schließlich: "Dürfen Eltern die Teilnahme ihrer Kinder am Sexualkundeunterricht verweigern?"
Ein Fragenkatalog, der nach Meinung von Menschenrechtsgruppen eine dauerhafte Diskriminierung sexueller Minderheiten festschreibt, so der Politikwissenschaftler Grigorij Meseznikov: "Wenn das Referendum in allen Punkten erfolgreich ist, müsste es neue Gesetze geben." Diese stünden kaum im Einklang mit den Menschenrechten und vielen europäischen Normen. "Das Ganze wäre ein gewaltiger Schritt zurück."
Volksabstimmung soll EU-Regelung stoppen
Schon jetzt haben Schwule und Lesben in der Slowakei kaum gesetzlich festgelegte Rechte. Eine im vergangenen Jahr mit großer Mehrheit im Parlament angenommene Verfassungsänderung definiert die Ehe bereits ausschließlich als eine Verbindung zwischen Mann und Frau.
Die Volksabstimmung soll nun eine Aufweichung dieser Regelungen durch die Europäische Union verhindern, so der Sprecher der Familienallianz Peter Kremsky: "Unsere Allianz will die bestehenden Gesetze schützen. Die Volksabstimmung soll unseren Parteien Beine machen. Das ist direkte Demokratie. Die Bürger machen der Politik Druck von unten." Tatsächlich wäre nach Meinung vieler Verfassungsjuristen bei einem Erfolg des Referendums eine rechtliche Gleichstellung homosexueller Partnerschaften dauerhaft ausgeschlossen.
Bischöfe machen offen Wahlkampf
In seinem Internet-Blog berichtet Branislav Ondrasik seit Jahren über die Probleme von Schwulen und Lesben in der Slowakei. Die Volksabstimmung sei ein Prüfstein für die Toleranz der slowakischen Gesellschaft: In Bratislava sei es in den vergangenen Jahren besser geworden, aber auf dem Land würden Schwule und Lesben immer noch offen diskriminiert. "Die Volksabstimmung wird zeigen, wie konservativ unsere Gesellschaft ist und wieviel Macht die katholische Kirche in unserem Land noch hat."
Von den Kanzeln machen die Bischöfe seit Wochen offen Wahlkampf für die von ihnen in weiten Teilen finanzierte "Allianz für die Familie". In einem Hirtenbrief werden die Gläubigen zur Teilnahme an dem Referendum aufgefordert. Doch nach den jüngsten Zahlen wird die notwendige Beteiligung von 50 Prozent der Wähler deutlich unterschritten. Das Referendum wäre damit gescheitert.