Fall Skripal Lawrow vermisst jeden Anstand
Im Kalten Krieg habe man sich zumindest noch an Regeln gehalten: Russlands Außenminister Lawrow hat den westlichen Staaten im Fall Skripal vorgeworfen, jeden Anstand verloren zu haben. Sie nutzten Lügen und Desinformation.
Moskaus Beziehungen zum Westen sind wegen des Falls Skripal nach Ansicht des russischen Außenministers Sergej Lawrow so schlecht wie lange nicht mehr. "Vor allem Großbritannien, die USA und zahlreiche Staaten, die ihnen blind folgen, haben jeden Anstand verloren. Sie nutzen offene Lügen und Desinformation", sagte der russische Chefdiplomat. Zu Zeiten des Kalten Krieges habe man sich zumindest noch an bestimmte Regeln gehalten. Jetzt aber würden diplomatische Konventionen missachtet.
Russlands Außenminister erhebt im Fall Skripal Vorwürfe gegen den Westen.
Russland verlangt Beweise
Russland sieht sich zu Unrecht verdächtigt, hinter dem Giftanschlag auf den Ex-Agenten Sergej Skripal und seiner Tochter Julia in Salisbury am 4. März zu stecken. Die britische Regierung beschuldigt hingegen Russland - und die USA, EU und NATO schlossen sich dieser Sichtweise an. Wechselseitig wurden inzwischen Diplomaten und Botschaftsmitarbeiter ausgewiesen, Vorwürfe erhoben und mit weiteren Sanktionen gedroht - nur handfeste Beweise gegen Russland fehlen bislang. Dass die Skripals mit dem in der Ex-Sowjetunion entwickelten Kampfstoff Nowitschok vergiftet wurden, ist aus Sicht Russlands kein Beleg für eine Verwicklung des Landes. Nach Überzeugung Lawrows ist der Anschlag auf Skripal "im Interesse" der britischen Regierung gewesen. Diese befinde sich "in einer unbequemen Position" und wolle ablenken von ihrer "Unfähigkeit ihre Wahlversprechen bezüglich der Bedingungen des Brexit zu erfüllen".
Schärfe auf Twitter
Die russische Botschaft in London wiederholte auf Twitter in ungewöhnlicher Form ihre Kritik, dass London keine Beweise für seine Anschuldigungen vorlege. In einem Tweet verwendete die Botschaft für ihren Protest das Logo des Zombie-Films "28 Days Later" (28 Tage später) in Anspielung auf den Anschlag vor 28 Tagen. In dem Film geht es um den Zusammenbruch der Gesellschaft durch die Verbreitung eines tödlichen Virus aus einem britischen Forschungslabor und die dramatische Flucht einiger Überlebender.
Fragenkatalog an OPCW
Eine unabhängige Untersuchung des Falls sollen die Experten der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) gewährleisten. Ihre Analyse läuft noch. Russland ging aber nun seinerseits in die Offensive und schickte einen Fragenkatalog an die OPCW. Unter anderem will Russland wissen, um welche Hilfe Großbritannien die Organisation gebeten hat und auf welche Weise das Gift im britischen Salisbury sichergestellt wurde.
Außerdem verlangt Russland Zugang zu Julia Skripal. Der 33-Jährigen geht es inzwischen deutlich besser. Ihr Vater befindet sich nach Angaben der Ärzte in einem kritischen Zustand.