Bilanz der französischen EU-Ratspräsidentschaft Sarkozy fährt die Ernte ein
Kein rhetorisches Feuerwerk, dafür jede Menge Schulterklopfen: Die sechsmonatige EU-Ratspräsidentschaft des französischen Präsidenten Sarkozy war zumindest in seinen Augen ein großer Erfolg. Seinen Nachfolger im Amt, Tschechiens Präsident Klaus, attackierte Sarkozy dagegen scharf.
Von Christopher Plass, hr-Studio Brüssel
Es war ein vergleichsweiser entspannter Nicolas Sarkozy, den die Abgeordneten des Europa-Parlaments heute erlebten. Bei den zurückliegenden Auftritten vor der Kammer hatte der amtierende EU-Präsident ein rhetorisches Feuerwerk gezündet, um das Parlament für sich zu begeistern. Heute trat der französische Präsident so auf, als wolle er die Ernte einfahren: alles geschafft, vieles erreicht. Und warum? Weil Sarkozy sechs Monate EU-Vorsitzender war. So jedenfalls sollte man den Franzosen verstehen.
Europa brauche Gefühle und Gesichter, so sein Plädoyer. Und meinte damit wohl in erster Linie sich selbst: Die einzige Art, die Bürger an Europa heranzuführen sei, ihnen zu zeigen, daß jene, die übergangsweise die EU-Institutionen vertreten, tatsächlich kommen, mit ihnen diskutieren und den Institutionen ein Gesicht geben, so Sarkozy.
Ratspräsidentschaft geprägt von drei Themen
Drei große Themen haben diese Präsidentschaft geprägt. Die Georgien-Krise, der Zusammenbruch des Finanzsystems und zuletzt das Ringen um ein gemeinsames Klimapaket. Hier und da brachten Parlamentarier einige kritische Bemerkungen zur Sprache. Aber im Parlament hatte Sarkozy heute keinen großen Gegenspieler.
Der Fraktionschef der Sozialisten, der Deutsche Martin Schulz, sprach für viele: Die französische Präsidentschaft sei ein Erfolg gewesen, vor allen Dingen deshalb, weil Sarkozy sich als Pro-Europäer geoutet habe. Das sei anfangs nicht selbstverständlich gewesen, so Schulz.
"Sarkozy muss nicht alles selbst machen"
Auch der liberale Fraktionsführer, der Brite Graham Watson, zog eine insgesamt positive Bilanz der französischen Präsidentschaft – gespickt mit Schalk und Ironie. Der Brite spießte zum Beispiel die Versuche Sarkozys auf, das Zepter in Finanzfragen an sich zu reißen und die Finanzminister zu entmachten sowie dessen Vorstöße gegen die Europäische Zentralbank, der er eine Art Wirtschaftsregierung entgegenstellen wollte.
Sarkozy müsse nicht alles selbst machen, meinte Watson: "Lassen Sie doch die Finanzminister dem Jean Claude Juncker. Lassen Sie den Euro Jean-Claude Trichet. Beenden Sie die märchenhafte Präsidentschaft mit einem Ende wie in einem Märchen. Folgen Sie dem Rat ihrer Lieblings-Sängerin: Es ist Zeit für Abschied, kehr zurück zu anderen Sternen und überlaß uns das Ende der Geschichte."
Kritik an zukünftigem Ratspräsidenten
Sarkozy aber denkt schon an die nächste Geschichte. Er sprach EU-Kommissionspräsident Barroso das Vertrauen für eine zweite Amtszeit aus. Der Blick nach vorne gilt aber auch der anstehenden tschechischen Präsidentschaft. In scharfen Worten attackierte Sarkozy den Präsidenten in Prag, Vaclav Klaus. Dieser hatte sich kürzlich mit einer Delegation des EU-Parlaments lautstark überworfen. So behandele man die Vertreter des Europäischen Parlaments nicht, und auch nicht die europäischen Symbole, kritisierte Sarkozy.
Klaus nämlich sieht keine Notwendigkeit, in der Zeit der tschechischen EU-Präsidentschaft die Europa-Fahne auf der Prager Burg zu hissen. Dieses unheilvolle Vorspiel der tschechischen Präsidentschaft kann dem scheidenden Präsidenten in seinem Geltungsdrang nur gelegen kommen.