Nach Suspendierung von Brasiliens Präsidentin Rousseff will um ihr Amt kämpfen

Stand: 12.05.2016 18:15 Uhr

Nachdem der Senat sie vorläufig abgesetzt hat, rief Brasiliens Staatschefin Rousseff ihre Landsleute auf, gegen den "Putsch" gegen sie mobil zu machen dabei aber friedlich zu bleiben.  Ihre Anhänger drohen mit Protesten und Streiks.

Nach ihrer Suspendierung als Brasiliens Präsidentin hat Dilma Rousseff angekündigt, sich gegen das Verfahren zu wehren. "Es schmerzt, Opfer einer politischen und juristischen Farce zu sein", sagte sie in der Hauptstadt Brasilia im Beisein ihres bisherigen Kabinetts und Vertretern von sozialen Bewegungen. Im Gegensatz zu ihr seien ihre Gegner bei Wahlen gescheitert und wollten nun auf anderem Wege die Macht übernehmen.

"Bleiben sie friedlich"

"Die Bevölkerung wird nein zu sagen wissen", warnte Rousseff vor zahlreichen Journalisten. "An die Brasilianer, die sich dem Putsch widersetzen, egal welcher Partei, richte ich einen Appell: Bleiben Sie mobilisiert, geeint und friedlich", sagte Rousseff, die während der brasilianischen Militärdiktatur im Widerstand gekämpft hatte. Der Kampf für die Demokratie habe "kein Enddatum". Vielmehr erfordere er "ständige Hingabe".

Rousseff und Temer (Archivbild März 2016)

Dilma Rousseff und Michel Temer, der jetzt ihr Amt übernimmt

"Ich bin stolz, als erste Frau ins höchste Staatsamt gewählt worden zu sein", betonte die 68-Jährige. Sie sei es gewohnt, zu kämpfen. Es sei durchaus möglich, dass sie Fehler gemacht habe. "Aber Verbrechen habe ich nicht begangen." Deswegen sei ihre Suspendierung im Rahmen eines solchen Verfahrens eine Rechtsverletzung, ein Putsch. Rousseffs Anhänger drohten mit Protesten und Streiks.

Suspendierung für 180 Tage

Der Senat hatte zuvor nach einer Marathonsitzung mit deutlicher Mehrheit für die vorläufige Amtsenthebung von Rousseff gestimmt. In dieser Zeit muss sich der Senat ausführlich mit den Vorwürfen gegen Rousseff befassen, um dann eine endgültige Entscheidung über ihre Rückkehr ins Amt zu fällen. Rousseff wird vorgeworfen, Haushaltszahlen geschönt zu haben, um vor der Präsidentschaftswahl 2014 ihre Chancen zu verbessern.

Rousseff muss ihr Amt zunächst für maximal 180 Tage ruhen lassen. In dieser Zeit prüfen die Senatoren unter Leitung des Obersten Gerichts die Vorwürfe gegen sie erneut und könnten sie danach endgültig absetzen. Vizepräsident und Rousseff-Gegner Michel Teuer übernimmt derweil die Regierungsgeschäfte. Er eröffnet im August auch die Olympischen Spiele in Rio

Was Brasiliens Präsidentin vorgeworfen wird
Das Amtsenthebungsverfahren gegen Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff wird nicht mit Korruptionsvorwürfen begründet, sondern primär mit Bilanztricks im Staatshaushalt. Über staatliche Banken wie die Banco do Brasil werden Sozialprogramme wie die Familiensozialhilfe bezahlt. Die Regierung soll zum Beispiel die Überweisung von 3,5 Milliarden Reais (900 Millionen Euro) für ein Hilfsprogramm für Bauern bewusst verzögert haben, um das Defizit zu verringern - das haben aber auch schon Vorgängerregierungen gemacht.

Damit geben staatliche Banken der öffentlichen Hand aber sozusagen ein Darlehen, was verboten ist - auch für die Finanzmärkte kann so die wahre Haushaltslage einige Zeit verschleiert werden. Zum anderen geht es um sechs Dekrete für milliardenschwere Kredite für staatliche Ausgaben, die ohne die Zustimmung des Kongresses erlassen worden sind. Doch ob wirklich Verbrechen gegen ihre Verantwortung als Präsidentin ("Crime de Responsabilidade") vorliegen, ist umstritten.