Anhänger der polnischen Regierung demonstrieren "Polen lacht über Euch, Kommunisten und Diebe!"
In Polen spitzt sich die innenpolitische Krise zu. Nachdem am Samstag Zehntausende gegen die regierenden Nationalkonservativen demonstriert hatten, brachten diese gestern eine ähnlich große Menge Menschen auf die Straße. Parteichef Kaczynski setzte dabei auf aggressive Rhetorik.
Einen Tag nach landesweiten Protesten von Regierungsgegnern haben rund 35.000 Anhänger der Regierungspartei PiS in Warschau demonstriert. "Ganz Polen lacht über euch, ihr Kommunisten und Diebe", verhöhnte der nationalkonservative Parteichef und Ex-Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski seine Gegner in einer Rede vor dem Verfassungsgericht.
Kaczynski sprach bei der Abschlusskundgebung einer Demonstration unter dem Motto "Freiheit und Solidarität", die zugleich eine Gedenkveranstaltung zum 34. Jahrestag der Ausrufung des Kriegsrechts in Polen im Kampf der damaligen Staatsführung gegen die Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc war.
Am Samstag waren Zehntausende Oppositionelle wegen der von ihnen befürchteten Gefährdung der Demokratie durch die allein regierende PiS auf die Straße gegangen. Nach ihren Siegen bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen wolle die PiS in einer Art Putsch auch die Justiz übernehmen, kritisierten sie. Allein in Warschau nahmen 50.000 Menschen an dem Protest teil.
"Müssen Polen neu gestalten"
Kaczynski sagte dazu, erst seit dem jüngsten Machtwechsel in Präsidentenamt, Parlament und Regierung sei das "wahre" Polen an der Macht. Davor habe eine Machtelite geherrscht, der es nur um ihre eigenen Interessen gegangen sei und nicht um das Wohl des Volkes, konterte Kaczynski Slogans seiner Gegner. Diese hatten gerufen: "Wir sind Polen!"
Die PiS wolle Polen einer großen Reform unterziehen, doch die Opposition verhindere dies. "Wir müssen Polen neu gestalten, und es muss eine große Umgestaltung sein", sagte er. Dieses Recht werde seiner Partei verweigert, obwohl sie die Wahlen gewonnen habe.
Streit um Richter
In dem erbittert geführten Konflikt geht es um die Weigerung des von der PiS nominierten Präsidenten Andrzej Duda, trotz einer gültigen Gerichtsentscheidung drei neue Verfassungsrichter zu ernennen, die noch von der früheren liberalkonservativen Parlamentsmehrheit gewählt worden waren. Duda ernannte stattdessen neue Verfassungsrichter, ohne auf das Urteil zu warten. Die neuen Richter waren von der PiS-Mehrheit im Parlament ausgewählt wurden.
Kaczynski verteidigte diesen Schritt: Das Verfassungsgericht und das gesamte Justizsystem müssten umgebaut werden, um endlich konsequent zu arbeiten und mit beschämenden Fehlern der Vergangenheit aufzuräumen.
"Diese Bande von Kumpanen zerschlagen"
Das Verfassungsgericht decke einen "gigantischen Missbrauch", bei dem "Dutzende Milliarden Zloty" veruntreut worden seien, sagte er. Dahinter stecke ein Teil der politischen Klasse, nämlich Ex-Kommunisten und ihre Verbündeten. Kaczynski fügte hinzu, er wolle "diese Bande von Kumpanen zerschlagen". Der PiS-Chef warf dem Tribunal auch vor, seine Partei an der Umsetzung ihrer Wahlversprechen hindern zu wollen, wie etwa eine Absenkungen des Renteneintrittsalters, Gratis-Medikamente für Menschen ab 75 Jahren und eine Reform der Familienförderung.
Kaczynski ist offiziell lediglich Parteichef. Allerdings erkennen sowohl Präsident Andrzej Duda als auch Regierungschefin Beata Szydlo an, dass der Parteivorsitzende die Richtlinien der Politik vorgibt.