Abtreibungsverbot in Polen PiS ruft zur "Verteidigung der Kirchen" auf
Im Streit um das Abtreibungsverbot in Polen hat die Frauenbewegung des Landes zum Streik aufgerufen. Weil auch die Kirche von Aktivisten attackiert wird, fordert die Regierungspartei PiS den Schutz von Gotteshäusern.
Im Konflikt um die Verschärfung des Abtreibungsrechts in Polen ist keine Entspannung in Sicht. Zwar hatten sich einige moderatere Vertreter der Regierungsfraktion für einen runden Tisch ausgesprochen und dafür, das umstrittene Urteil des Verfassungsgerichts zum Abtreibungsrecht vorerst nicht amtlich zu veröffentlichen. Das wäre Voraussetzung für seine Rechtswirksamkeit.
PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski aber erklärte in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme, das Urteil hätte gar nicht anders ergehen können. Er erinnerte zudem daran, dass wegen der Corona-Pandemie derzeit keine Versammlungen stattfinden dürften. Wer daran teilnehme, gefährde Menschenleben und begehe ein "ernsthaftes Verbrechen".
Zugleich aber forderte er seine Anhänger auf, sich schützend vor Kirchen im Land zu stellen:
Ich rufe PiS-Mitglieder und alle unsere Unterstützer auf, an der Verteidigung der Kirche, die angegriffen wird, teilzunehmen. Sie wird nicht zufällig attackiert. Es gibt Elemente der Vorbereitung, der Schulung. Dieser Angriff soll Polen vernichten.
Für Kaczynski (Mitte) sind die Demonstrierenden Verbrecher.
"Aufruf zum Bürgerkrieg"
Oppositionsführer Boris Budka von der Partei "Bürgerplattform" nannte das einen "Aufruf zum Bürgerkrieg".
Noch am Abend erklärte der Jugendverband der PiS-Partei, Kirchen aktiv gegen "Agressionen" abschirmen zu wollen. Zuvor hatten bereits extrem rechte Gruppen sogenannte Nationalwachen gebildet. Vor einer Kirche in Warschau kam es bereits vorgestern zu Prügeleien mit Demonstranten, die versucht hatten, in eine Warschauer Kirche einzudringen.
Mehrfach war es zuletzt zu Schmierereien an Kirchen und Protesten selbst während der Gottesdienste gekommen. Führende Vertreter des Episkopats hatten zuvor zur Mäßigung aufgerufen.
Rücktritt der Regierung gefordert
Die lose Gruppe "Frauenstreik", einer der größten Taktgeber der landesweiten Proteste, ruft indes für heute zu einem eintägigen Generalstreik der polnischen Frauen auf.
Die Gruppe fordert inzwischen nicht nur eine Kehrtwende in der Abtreibungspolitik, sondern auch einen Rücktritt der Regierung.
Proteste vor dem Parlament in Warschau (27.10.2020)