Pensionen der EU-Parlamentarier Kein "Rettungspaket" aus Steuergeldern
Sechs Wochen vor der Europawahl sorgte ein Thema im Europaparlament für Erregung: Was wird aus den Pensionsfonds der Abgeordneten? Genauer: Wer kommt für die in der Finanzkrise entstandenen Wertverluste in den Fonds auf?
Von Martin Durm, ARD-Hörfunkstudio Straßburg
"Pensionsfonds" - der Europaabgeordnete Martin Schulz kann das Wort so langsam nicht mehr hören. Seit Tagen geistert es durch die Gänge und Säle des Europäischen Parlaments und jetzt auch noch durch die Medien.
Und egal welchen Politiker man dazu befragt, als erstes kommt ein gequältes "Äh": "Äh, wir haben es wirklich mit anderen Problemen zu tun. Da sind Millionen Menschen in diesem Kontinent von Arbeitsplatzverlust bedroht. Dann kann man ein Thema, das man innerhalb von einer Minute abhandeln kann, nicht so aufblasen."
1000 Abgeordnete sollen investiert haben
In einer Minute dürfte sich das Thema nun aber doch schwer abhandeln lassen. Es geht schließlich um einen privaten Pensionsfonds für EU-Abgeordnete, die drauf spekulierten, dass ihnen am Ende ihrer parlamentarischen Karriere zusätzlich zum üblichen Ruhegeld auch noch eine üppige Extrapension ausgezahlt wird.
Wieviele in den Fonds investierten, weiß keiner genau. 1000 ehemalige und aktive Abgeordnete, heißt es hinter vorgehaltenen Händen.
Fonds durch Steuern gerettet
Eigentlich könnte das auch deren Privatsache sein; nur hat eben das Parlament - und damit der europäische Steuerzahler - in den vergangenen Jahren zwei Drittel der Monatsbeiträge mitfinanziert. Und wegen der internationalen Finanzkrise sind dem am Aktienmarkt aktiven Fonds so um die 120 Millionen Euro abhanden gekommen.
Und in der Vergangenheit mussten die europäischen Steuerzahler schon zweimal dafür herhalten, Verluste des privaten Pensionsfonds zu decken. Ein drittes Mal dürfe nicht sein, forderten daraufhin Abgeordnete wie Markus Ferber von der CSU: "Auch in der freien Wirtschaft haben andere Pensionsfonds, die sehr aktienorientiert waren, momentan Probleme - und da steht der Steuerzahler nicht gerade dafür. Deswegen gibt es keine Begründung, dass ausgerechnet bei den Europaabgeordneten der Steuerzahler dafür gerade stehen soll."
Eklat im Hohen Haus
"Es gibt ein paar Populisten, besonders Deutsche aus dem Haushaltsausschuss und aus dem Haushaltskontrollausschuss", urteilte dagegen die luxemburgische Abgeordnete Astrid Lulling. Der fragliche Fonds stammt übrigens auch aus Luxemburg. Und der Abgeordnete Ferber sitzt im Haushaltskontrollausschuß. Die Stimmung ist derzeit nicht sehr harmonisch im Straßburger Hohen Haus, wo es denn auch während der Abstimmung über die Haushaltsentlastung prompt zum Eklat kam.
Der private Pensionsfonds sei eine Privatsache, empörte sich der sizilianische Abgeordnete Luigi Cocilovo, worauf sein österreichischer Kollege Hans Peter Martin vor versammeltem Plenum die Namen der Fondsmitglieder verlesen wollte. Ihm wurde aber das Mikrofon abgedreht.
Martin ist seinerseits in Straßburg nicht sehr beliebt. Er pflegt sich gerne in der Boulvardpresse als europäischer Saubermann zu inszenieren. Er selbst hatte aber auch schon ein Betrugsverfahren wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten am Hals.
Deutsche Abgeordnete sind sauber
Die Abstimmung endete übrigens eindeutig: 419 der 785 Abgeordneten stimmten gegen den Einsatz von Steuergeld zum Ausgleich von Fondsverlusten. Die ganze Affäre wirft jedenfalls sechs Wochen vor der Europawahl kein schönes Licht aufs Europäische Parlament. Und vor diesem Hintergrund verweisen die deutschen Abgeordnete gerne darauf, spätestens seit 2004 sei der private Pensionsfonds für sie sowieso völlig uninteressant. Für sie gilt im Europaparlament nämlich Bundestagsrecht. Und nach dem haben sie nur Anspruch auf eine einzige Altersversorgung.