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Von Apple bis Procter&Gamble So tricksen die Unternehmen

Stand: 15.12.2020 10:47 Uhr

Zahlreiche große Unternehmen nutzten Briefkastenfirmen, um ihre Steuern zu minimieren. Die "Paradise Papers" zeigen die Steuerpläne der Multis - und offenbaren, was Apple bei seinen Auslandsgesellschaften im Sinn hat.

Von Von Jan Lukas Strozyk und Benedikt Strunz, NDR

Im Frühjahr 2014 stand der Technik-Gigant Apple vor gewaltigen Problemen. Die EU-Kommission warf dem Milliardenunternehmen vor, mit Irland ein illegales Steuerabkommen geschlossen zu haben. Das sorgte bis dato dafür, dass Apple auf der Insel weniger als 0,1 Prozent Steuern bezahlen musste. Doch damit war es vorbei. Nicht nur der Imageschaden war gewaltig. Mittlerweile hat die EU-Kommission beschlossen, dass Apple 13 Milliarden Euro an Steuern nachzahlen muss. Man könnte vermuten, dass der Konzern seither von Steuertricksereien die Nase voll hat. Doch die "Paradise Papers" zeigen, dass das offenbar nicht der Fall war.

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Appley schickte einen Fragenkatalog an Appleby.

Just zu dem Zeitpunkt, zu dem Irland auf öffentlichen Druck das Steuerschlupfloch schloss, das auch Apple genutzt hatte, ging bei der Kanzlei Appleby eine E-Mail von Apple-Anwälten ein. Darin heißt es, Apple sei auf der Suche nach Hilfe bei einem "multi-jurisdiction project", einem Projekt über mehrere Ländergrenzen hinweg. Die Britischen Jungferninseln spielten dabei eine Rolle, auch die Cayman Islands, Guernsey, Jersey und die Isle of Man. Man solle einen Kostenvoranschlag erstellen.

Was sich genau hinter diesem Projekt verbarg, zeigte eine Liste mit Fragen, die sich im Anhang der Mail befand. Das Ziel von Apple war es offenbar, auch weiterhin so wenig Steuern wie möglich zu bezahlen. Entsprechend lesen sich die Fragen wie ein Anforderungskatalog an die optimale Steueroase.

Fragenkatalog von Apple an die Steueroase

Frage 1: "Beschreiben Sie die Schritte, die notwendig sind, um einen Hauptgeschäftssitz einer ausländischen Gesellschaft in Ihrer Jurisdiktion anzumelden." Frage 3: "Welche Anforderungen werden an einen Geschäftssitz gestellt? (Also welche Informationen muss man regelmäßig einreichen, muss man eine Bilanz abgeben?)". Frage 4: "Welche Informationen sind öffentlich einsehbar?". Frage 5: "Kann man offiziell eine Bestätigung bekommen, dass man von der Steuer befreit wird?" Frage 7: "Gibt es eine glaubhafte Oppositionspartei oder eine Bewegung, die vielleicht die amtierende Regierung absetzt?" Fragen 10 und 11: "Bietet Ihre Firma dort Menschen oder eine Service-Gesellschaft an, die als Sekretariat eingesetzt werden kann? - Gleichermaßen, bieten Sie Direktoren an und unter welchen Bedingungen?"

Auf Nachfrage wollte sich der Konzern nicht zu dem Vorgang äußern. Man halte sich aber stets an die geltenden Gesetze. Auch Apples Anwaltskanzlei gab gegenüber dem ICIJ keine Auskunft. Gegen die Forderung der Europäischen Kommission, wonach Apple Milliardensteuern an Irland nachzahlen soll, hat der Konzern Klage eingereicht.

Die "Paradise Papers"

Mehr als ein Jahr haben 381 Journalistinnen und Journalisten von 96 Medienpartnern aus 67 Ländern den Datensatz der sogenannten "Paradise Papers" ausgewertet. Darin haben sie zahlreiche Geschichten entdeckt. Die Daten waren der "Süddeutschen Zeitung" zugespielt worden. Die Koordination der Recherche übernahm das Internationale Konsortium für Investigative Journalisten (ICIJ). Insgesamt umfassen die "Paradise Papers" rund 13,4 Millionen einzelne Dateien.

Facebook-Gesellschaften auf den Cayman Islands

Die "Paradise Papers" zeigen, dass zahlreiche Konzerne ihre Struktur mit Hilfe von Appleby optimieren und Aktivitäten in Steuerparadiese verlagern. So werden Nutzerdaten und Technologie des sozialen Netzwerks Facebook von Gesellschaften gehalten, die Anwälte auf den Cayman Islands eingerichtet haben. Inwiefern sich daraus ein Steuervorteil für Facebook ergibt, ist unklar. Die Daten geben diese Information nicht preis. Die Cayman Islands gelten jedoch bei Experten als beliebte Steueroase für Großkonzerne.

Allergan, Hersteller des Medikaments Botox, das zur Straffung von Falten gespritzt wird, nutzte ausweislich der Unterlagen eine Konstruktion, um Gewinne von Europa nach Bermuda zu verschieben. Auf Bermuda gibt es keine Unternehmenssteuer. Allergan sagte auf Anfrage, man folge allen Steuerregeln in jedem Land wo man geschäftlich tätig sei.

Geheimabsprachen mit Procter & Gamble

Auch ein Steuerkonstrukt von Procter & Gamble findet sich in den Daten. Die Firma ist in Deutschland vor allem für ihre Marken wie Gilette, Tempo oder Ariel bekannt. Bereits in den "Luxemburg Leaks" spielte Procter & Gamble eine Rolle, nun zeigen die "Paradise Papers", dass das Unternehmen auch die Niederlande als Steuerparadies genutzt hat.

Im Rahmen einer Umstrukturierung verkaufte Procter & Gamble 2008 intern einen Teil des Unternehmens an einen anderen. Die erlösten 676 Millionen US-Dollar wären womöglich zu besteuern gewesen. Man einigte sich mit den Niederlanden aber ausweislich der Unterlagen darauf, dass die Steuer in dem Fall erlassen werde.

Dazu traf die Beraterfirma PriceWaterhouseCoopers (PwC) im Auftrag von P&G eine geheime Absprache mit den niederländischen Steuerbehörden. PriceWaterhouseCoopers gehört zu den sogennanten "Big-Four"-Beratungsunternehmen, die wiederholt in die Kritik geraten sind, weil sie Konzernen bei ihren Steuertricks geholfen haben. Es handelt sich bei dem zweiseitigen Dokument, datiert auf den März 2008, mutmaßlich um die erste Steuerabsprache der Niederlande, die öffentlich wird.

Diese Auslegung des Gesetzes kann legal sein, sagte ein Experte dem niederländischen NDR-Partner Trouw. Allerdings hätte der Fall nicht so abgewickelt werden dürfen: Die Steuerbehörden hätten die Erlaubnis nicht ohne Rücksprache mit einer spezialisierten Abteilung erteilen dürfen und auch nicht, ohne ihre Auslegung des Gesetzes transparent und öffentlich zu machen.

Procter & Gamble erklärte, aus der Konstruktion sei für die Gruppe kein Steuervorteil entstanden und man sei gegenüber allen Steuerbehörden offen und transparent. PwC beantwortete eine Anfrage nicht. Die Beraterfirma stand bereits 2014 mit derartigen Steuervorabsprachen im Mittelpunkt der "Luxemburg Leaks". Damals hatten Journalisten weltweit hunderte dieser Absprachen ausgewertet, die PwC im Auftrag großer Konzerne mit Luxemburg geschlossen hatte. Dadurch zahlten die Unternehmen zum Teil weniger als ein Prozent Steuern.