Offshore-Geschäfte Die Russlanddeals des US-Ministers
Trumps Handelsminister Ross ist über Offshore-Gesellschaften an Geschäften mit dem russischen Gaskonzern Sibur beteiligt. Dort verdienen Putins Schwiegersohn und ein sanktionierter Oligarch mit.
Donald Trump hat in seinem Wahlkampf lautstark versprochen, er werde die reichen Eliten aus Washington jagen. Doch bei seinem eigenen Kabinett nimmt der US-Präsident dieses Versprechen nicht so genau. Das zeigte sich beispielsweise im Januar 2017 bei der Nominierung von Wilbur Ross als Handelsminister der USA. Ross, 79 Jahre, ein alter Freund Trumps, Absolvent der Elite-Universität Harvard und nach Schätzungen von US-Medien zwei bis drei Milliarden US-Dollar schwer. Wenn jemand zur Elite gehört, dann er.
Handelsminister Wilbur Ross (rechts) verdankt sein Amt einem alten Freund: US-Präsident Donald Trump.
US-Handelsminister Ross behält Beteiligung an Navigator
Ross erarbeitete sich als Unternehmer den Spitznamen "König der Pleiten". Er verdiente sein Geld damit, marode Unternehmen zu kaufen und zu sanieren. Es gibt kaum eine Branche, in der er nicht tätig war. Auch mit Donald Trump, damals noch nicht in der Politik, kreuzten sich Ross' Wege früh: Ein Kasino Trumps war Ende der 1980er-Jahre in finanzielle Schieflage geraten. Ross, zu der Zeit noch in Diensten der Rothschild-Bank, verhandelte mit den Gläubigern und rettete Trump letztlich das Geschäft.
Als Ross das Amt des Handelsministers antreten sollte, wurde der Erfolg für ihn zum Problem. Ross hatte durch seine Jahre als Investor Positionen in Dutzenden Firmen inne, war an vielen Unternehmen als Gesellschafter direkt oder indirekt beteiligt. Daraus erwuchsen potenzielle Interessenkonflikte in nahezu jeder Branche, in der in den USA Geld verdient wird.
Ross entschied sich, zahlreiche Ämter niederzulegen und rund 80 Firmenbeteiligungen abzustoßen. Seine indirekte Beteiligung an einer Reederei namens Navigator behielt er allerdings - wenn auch verschleiert.
Über Unternehmen mit russischen Oligarchen verbunden
Unter den wenigen Firmenbeteiligungen, die Ross nicht abgab, sind auch vier Briefkastenfirmen auf den Cayman Islands. Sie werden von der Kanzlei Appleby, die im Zentrum der "Paradise Papers" steht, verwaltet und tragen fast identische, kryptische Namen: "WLR Recovery Associates IV DSS AIV GP", "WLR Recovery Fund IV DSS AIV LP", "WLR Recovery Associates IV DSS AIV LP" und "WLR Recovery Associates V". WLR steht vermutlich für Wilbur Louis Ross. Am Ende eines komplizierten Firmengeflechts steht eine Firmenbeteiligung an der Reederei Navigator, die eine Flotte mit Flüssiggas-Transportschiffen betreibt.
Ross' Anteil ist mutmaßlich zwischen zwei und zehn Millionen US-Dollar wert, konkreter geht der Wert aus den Unterlagen nicht hervor. Allerdings wird mit der nun aufgedeckten Beteiligung ein weiterer Interessenkonflikt offenbar, der über Ross' persönliche finanzielle Gewinne oder Verluste hinaus geht. Und der für die Trump-Administration zu einem Problem werden kann. Folgt man der Spur des Geldes, das die Navigator-Holding umsetzt, landet man ziemlich nah an Russlands Präsidenten Wladimir Putin.
US-Handelsminister Ross hält Briefkastenfirmen auf den Cayman Islands.
Sibur wird von Männern aus Putins Umfeld gesteuert
Denn einer der wichtigsten Kunden der Navigator ist der Energiekonzern Sibur. Im Geschäftsjahr 2014 war er allein für mehr als 68 Millionen US-Dollar der Navigator-Umsätze verantwortlich. Sibur wurde Ende der 1990er-Jahre privatisiert und wird heute von einer Gruppe russischer Oligarchen gesteuert. Einer davon ist Gennadi Timtschenko, Teilhaber von Sibur und Judo-Trainingspartner Putins. Ein anderer ist Leonid Mikhelson, seit Jahren regelmäßig auf den vorderen Plätzen der Ranglisten der reichsten Menschen Russlands und in der Vergangenheit großer Nutznießer russischer Staatsaufträge. Beide, Mikhelson und Timtschenko, wurden nach der Krim-Annexion mit Sanktionen der US-Behörden belegt: Timtschenko unmittelbar als Geschäftsmann, Mikhelson in Form seiner wichtigsten wirtschaftlichen Beteiligung, der Energiefirma Novatek.
Interessenkonflikt in Russlandpolitik
Und dann gibt es noch eine Person, mit der Wilbur Ross über Navigator Geld verdient: Kirill Shamalov, Russlands jüngster Milliardär, Vizepräsident von Sibur und Schwiegersohn von Putin. Zwar liegt kein formaler Sanktionsverstoß vor - Sibur selbst ist nicht sanktioniert. Aber in Zeiten wie diesen dürfte es die amerikanische Öffentlichkeit interessieren, welche Geschäftsbeziehungen nach Russland ihr Handelsminister pflegt. Insbesondere, weil er in seiner Position eigentlich Lenker und oberster Interessenvertreter der US-Außenwirtschaft sein soll. Er ist wichtiger Entscheidungsträger, wenn es um Handelsbeziehungen und Sanktionen geht, auch mit Russland. Vielleicht auch deshalb taucht der Name der Navigator auf dem Ethik-Offenlegungsbogen von Ross gar nicht erst auf.
Im US-Senat, von dem sich Ross vor seiner Amtseinführung im Januar 2017 wie jedes Kabinettsmitglied befragen lassen musste, war dessen Verbindung zu Navigator kein Thema. Die Senatoren fragten den designierten Handelsminister zu anderen Firmen, zu Verbindungen mit Banken auf Zypern, sogar zu einer weiteren Beteiligung in der Schifffahrtsbranche. "Bei vielen, vielen Aspekten Ihres neuen Postens wird es darum gehen, diese Branche zu regulieren", sagte Maria Cantwell, Senatorin aus Washington, damals zu Ross.
US-Handelsminister Wilbur Ross hat Kritik an seinem finanziellen Engagement mit Bezug zu Russland zurückgewiesen. Die Tatsache, dass die Reederei Navigator, an der er offenbar beteiligt ist, Geschäftsbeziehungen zu Russland unterhalte, sei vollkommen sauber, zitierte die BBC den Minister.
Ross hält indirekt mehr als 30 Prozent an Navigator, deren Schiffe mit Gastransporten für das russische Petrochemie-Unternehmen Sibur jährlich Millionensummen verdienten. "Die Tatsache, dass (Sibur) ein russisches Unternehmen genannt wird, heißt nicht, dass daran irgendetwas Böses ist", sagte Ross der BBC. Die Firma unterliege keinen Sanktionen.
US-Handelsminister hält sich aus Bereich Überseeschifffahrt raus
Die Recherchen internationaler Journalisten im Zuge der "Paradise Papers" belegen, dass Ross seine Anteile an Navigator, wo er von 2012 bis 2014 sogar dem Aufsichtsrat vorstand, noch hält. Die Unterlagen waren der "Süddeutschen Zeitung" zugespielt worden, die sie unter anderem mit dem NDR geteilt hat.
Nach der Annexion der Krim hatten sich die Umsätze, die Navigator mit Sibur-Aufträgen machte, sogar fast verdoppelt: von gut fünf auf fast zehn Prozent. Das US-Handelsministerium betont gegenüber dem ICIJ, das Ross nie eine Mehrheit an Navigator besessen habe und auch nicht im Aufsichtsrat saß, als die Verträge mit Sibur geschlossen wurden. Ross habe weder Shamalov noch Timchenko oder Mikhelson je getroffen.
Die Navigator ist für das russische Unternehmen Sibur unterwegs.
Ethik-Anwalt kritisiert Ross
Im Gespräch mit dem NDR sagte Richard Painter, ehemaliger Ethik-Anwalt im Weißen Haus unter Präsident George Bush: "Wir hätten es nicht erlaubt, dass ein Handelsminister in der Art an Beteiligungen festhält, wie das bei Wilbur Ross offenbar der Fall ist, insbesondere im Schiffsbereich. Er hätte seine Beteiligungen alle verkaufen und die Gewinne in neutrale Anlangen stecken müssen, um einen Interessenkonflikt zu vermeiden."
Das Handelsministerium streitet auf Anfrage der "New York Times" die Beteiligung von Ross an Navigator nicht ab. Ross arbeite eng mit der Ethik-Abteilung des Ministeriums zusammen, heißt es. "Handelsminister Ross tritt bei allen Belangen bezüglich überseeischer Schiffe in den Ausstand, hat aber generell die Sanktionen gegen Russland und Venezuela unterstützt." Aus einem wichtigen Bereich seines Ministeriums hält Ross sich also raus - wegen seiner privaten Beteiligung an Navigator.
Senator fordert Untersuchungsausschuss
Der Senator der Demokratischen Partei, Richard Blumenthal, sagte auf Anfrage des ICIJ, er empfinde die Verbindungen durch Ross' Beteiligung als Gefahr für die nationale Sicherheit der USA. Denn Russland würde generell diese Art von Verbindungen zu Regierungsmitgliedern nutzen, um Einfluss auszuüben. Blumenthal kündigte an, eine Untersuchung durch den Generaldirektor des Handelsministeriums zu beantragen. "Ich bin erstaunt und entsetzt, denn ich glaube unser Handelsausschuss ist getäuscht worden; das amerikanische Volk wurde getäuscht durch diese Verschleierung - und dafür gibt es eigentlich kein anderes Wort - von Interessen mit Anteilen und Briefkastenfirmen."
Neben Wilbur Ross gibt es zwei weitere Mitglieder des Trump-Kabinetts, die in den "Paradise Papers" erwähnt werden. Ben Carson, heute Minister für Wohnbau und Stadtentwicklung, zuvor arbeitete er als Neurochirurg. Er war unter anderen mit einer Pharma-Firma verbandelt, die in den "Paradise Papers" auftaucht. Rex Tillerson ist US-Außenminister. Zuvor arbeitete er mehr als zehn Jahre lang für den Ölkonzern ExxonMobil. Die Daten belegen, dass er Direktor einer Bermuda-Firma war, die im Jemen in Öl- und Gasgeschäfte involviert gewesen ist. Die Firma verklagte die Regierung des Jemen auf Schadenersatz - und verlor. Beide beantworteten Anfragen des ICIJ nicht.