Mossack Fonseca und die Geheimdienste Die Spuren der Schattenmänner
Die "PanamaPapers" bieten auch einen Einblick in die Welt der Geheimdienste. Mehrere mutmaßliche CIA-Spione tauchen in den Dokumenten auf. Sie haben offenbar Briefkastenfirmen für verschiedene Zwecke genutzt. Auch Agenten deutscher Dienste sind zu finden.
Von John Goetz, Antonius Kempman, Will Fitzgibbon und Christian Baars
Loftur Johannesson ist in seinem Leben viel herumgekommen. Der gebürtige Isländer war in Europa, Afrika, Asien und Lateinamerika im Einsatz, besaß oder besitzt Häuser in Frankreich, England, in den USA und auf Barbados.
Über Johannesson, genannt "der Isländer", gibt es viele Berichte in Zeitungen und Büchern. Sie handeln von Operationen für den amerikanischen Geheimdienst CIA. Unter anderem soll er 1979 Waffen an anti-kommunistische Kämpfer in Afghanistan geliefert haben. In den 1980er-Jahren lebte er offenbar unter anderem in Hamburg und kaufte Waffen für die CIA in Ost-Berlin - bis die Stasi dahinter kam und die Verbindung abbrach.
Guter Draht nach Panama
Und genau dieser Loftur Johannesson taucht nun auch in den "PanamaPapers" auf. Er schuf ein Netz von Firmen, von denen einige immer noch aktiv sind. Mehr als ein Dutzend Unternehmen, die ihm zuzurechnen sind oder bei denen er der Co-Partner war, sind in den Unterlagen der panamesischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca vermerkt.
Unter anderem steckte er auch hinter einer Firma mit dem Namen Fragtflug International, der ein Flugzeug gehörte, das im Mai 1974 bei Nürnberg abstürzte, voll beladen mit neun Tonnen Nelken. Doch die Gesellschaft transportierte nicht nur Blumen, sondern auch Waffen für die CIA.
Am Telefon nicht zu sprechen
Was Johannesson mit dem Nelkenflug und Waffentransporten zu tun hatte, zu welchen Zwecken er Briefkastenfirmen benötigte und an welchen möglicherweise geheimen Operationen er mitgewirkt hat - dazu will Johannesson nichts sagen. Ein isländischer Journalist, der ebenfalls zu den "PanamaPapers" recherchierte, telefonierte kürzlich mit ihm. Doch der 85-Jährige erklärte lediglich, er sei krank und wolle mit niemandem sprechen.
Später erklärte ein Sprecher auf Anfrage, Johannesson sei ein internationaler Geschäftsmann gewesen - vor allem im Luftfahrtgeschäft. Er weise absolut die "Unterstellung" zurück, dass er für irgendeinen Geheimdienst gearbeitet habe.
Mann mit Vergangenheit
Farhad Azima - so lautet ein weiterer Name, der in den "PanamaPapers" auftaucht. Azima lebt im US-Bundesstaat Missouri, ist Exil-Iraner und Geschäftsmann. Auch er ist im Luftfahrtgeschäft tätig. Er vermietet oder verleast Flugzeuge. Und er soll Mitte der 1980er-Jahre an einer spektakulären Operation des CIA beteiligt gewesen sein.
Damals landete eine Boeing 707 in der iranischen Hauptstadt Teheran, beladen mit Rüstungsgütern, unter anderem Abwehrraketen und Ersatzteile für Kampfflugzeuge. Die Lieferung stammte vom CIA - obwohl die USA und Iran damals offiziell nichts miteinander zu tun hatten, sich als Feinde betrachteten. Im Gegenzug soll der Iran viel Geld gezahlt haben, mit dem die CIA anschließend den Aufstand der Contra-Rebellen in Nicaragua finanziert habe.
Die Operation wurde später aufgedeckt und ging als "Iran-Contra-Affäre" in die Geschichte ein. Das Flugzeug, das damals im Iran landete, gehörte Zeitungsberichten zufolge Farhad Azima. Er selbst bestreitet allerdings eine Beteiligung an der Aktion. Er habe damit nichts zu tun, sagt er auf Anfrage. "Jede US-Behörde hat mich überprüft und gefolgert, dass an dem Verdacht absolut nichts dran ist. Es ist eine sinnlose Jagd."
Registriert als Co-Direktor
Nun tauchen Azima und ein weiterer mutmaßlich Mitwirkender an dem "Iran-Contra"-Geschäft in den "PanamaPapers" auf, allerdings zu einem deutliche späteren Zeitpunkt, im Jahr 2011. Beide werden von Mossack Fonseca als Co-Direktoren einer Briefkastenfirma eingetragen.
Es ist nicht die erste derartige Gesellschaft von Azima. Bereits im Jahr 2000 hat der Exil-Iraner auf den Britischen Jungferninseln eine Firma registrieren lassen: die "ALG (Asia & Pacific) Limited", offenbar eine Filiale seiner US-Firma "Aviation Leasing Group" in Missouri.
Mossack Fonseca behauptet, alle seinen Kunden gewissenhaft zu überprüfen und in Zweifelsfällen sich auch von ihnen zu trennen. 1986 hatte bereits die "New York Times" über die mutmaßliche Beteiligung von Azima an der "Iran-Contra-Affäre" berichtet. Erst 2013 stießen offenbar Mitarbeiter auf Zeitungsartikel zu Azima und seine Verbindung zur CIA. Da ging es um eine Waffenlieferung nach Libyen. Daraufhin bat Mossack Fonseca einen Vertreter Azimas, dessen Identität zu bestätigen. Eine Antwort bekam die Kanzlei nicht.
Der Nutzen von Briefkastenfirmen
Azima und Johannesson sind nur zwei von mehreren Namen mutmaßlicher Spione und Agenten, die die panamaische Anwaltskanzlei in irgendeiner Form für sich genutzt haben. Auch der deutsche Privatagent Werner Mauss hat Briefkastenfirmen über Mossack Fonseca registrieren lassen, ebenso der griechische Unternehmer Sokratis Kokkalis, den die Stasi einst als "Agent Rocco" führte.
Der Nutzen für Agenten und Spione ist offensichtlich: Mossack Fonseca bietet eine undurchsichtige Finanz-Infrastruktur mit Briefkastenfirmen und stellt offenbar nicht zu viele Fragen. Das kann helfen, um ein Doppelleben heimlich zu halten. "Man kann halt nicht einfach rumlaufen und sagen, dass man ein Agent ist", sagt der amerikanische Professor Loch Johnson. Er war an parlamentarischen Untersuchungen im US-Kongress beteiligt und beschäftigt sich seit Jahren mit CIA-Tarnfirmen. Die Tarngesellschaften dienten dazu, ein Konto, Bargeld oder eine Kreditkarte zu bekommen - oder manchmal auch ein Flugzeug.