Obama trifft EU-Spitzen in Brüssel Bewährungsprobe für die Beziehungen
Krimkrise und Klimawandel, Datensicherheit und diplomatische Fauxpas - bei dem Treffen von US-Präsident Obama und EU-Spitzenvertretern dürfte es an Themen nicht mangeln. In erster Linie aber hoffen die Beteiligten, altes Vertrauen wieder herzustellen.
Krimkrise und Klimawandel, Datensicherheit und diplomatische Fauxpas - bei dem Treffen von US-Präsident Obama und EU-Spitzenvertretern dürfte es an Themen nicht mangeln. In erster Linie aber hoffen die Beteiligten, altes Vertrauen wieder herzustellen.
Sie telefonieren ständig, sie haben fast zeitgleich Sanktionen verhängt, bis gestern saßen sie in Den Haag zusammen: Zwischen den US-Präsidenten und Europas Staats- und Regierungschefs passt in der Ukraine-Krise kein Blatt Papier: Gegen den russischen "Problembären" stehen USA und Europa Seite an Seite.
Eine Bewährungsprobe für die transatlantischen Beziehungen, sagt Jan Techau von der Denkfabrik Carnegie Stiftung: "Das transatlantische Verhältnis findet in solchen Krisenmomenten dann immer wieder zu sich und wenn es so was Existentielles passiert wie jetzt, dann erst recht."
Uneins bei Russland-Politik
Allerdings ist es mit der Einigkeit vorbei, wenn es um härtere Maßnahmen gegen Moskau geht. Die USA verlangen sie, EU-Staaten setzen so weit möglich auf Dialog. Darüber redet US-Präsident Barack Obama heute Mittag mit EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso und Ratspräsident Herman van Rompuy. Es ist Obamas erster Besuch in Brüssel nach fünf Jahren im Präsidentenamt. Immerhin findet er überhaupt Zeit. Vor vier Jahren ließ Obama einen Gipfel mit der EU in Madrid platzen, ein Treffen in Lissabon fand er fad: "Das war nicht so spannend wie andere Gipfel", erklärte er damals knapp. Immerhin mit dem Nachsatz: "Weil wir uns praktisch in allem einig sind."
Das Vertrauen ist weg
Trotzdem: Als der US-Präsident vor zweieinhalb Jahren das pazifische Zeitalter ausgerufen und sein Land Richtung Asien ausgerichtet hat, da fühlten sich in Europa manche vernachlässigt. Dafür klagte Washington über zu wenig Engagement der Verbündeten in Afghanistan. Dann der Streit über das richtige Rezept gegen die Euro-Krise. Und im Sommer der Tiefpunkt: NSA-Lauschaktionen angeblich auch gegen EU-Einrichtungen.
Das Vertrauen ist weg, sagt EU-Kommissarin Viviane Reding: "Deshalb müssen wir neue Vereinbarungen mit den Amerikanern treffen um Vertrauen zwischen den USA und Europa und in der Welt des Internet wiederherzustellen." Vor gut sechs Wochen tauchte der Mitschnitt eines Telefonats der US-Diplomatin Victoria Nuland mit dem US-Botschafter in Kiew auf. Nulands Aussage scheint den gegenwärtigen Stand der transatlantischen Beziehungen auf den Punkt zu bringen. "Scheiß auf die EU", so Nuland wörtlich. "Genau", erwidert ihr Gesprächspartner.
Verbessert Freihandelsabkommen die Beziehungen?
Da spricht der Frust von US-Diplomaten über Europas außenpolitische Behäbigkeit mit 28 Staaten, einer Außenbeauftragten, einem Kommissionschef. Trotzdem verhandeln beide Seiten seit Monaten über ein Freihandelsabkommen. Vielleicht rücken sie wieder enger zusammen, wenn es ums Geschäft geht, glaubt Jan Techau von der Carnegie-Stiftung: "Das ist ja die große Hoffnung, dass die Handelsbeziehungen ein neuer Triebmotor werden und so das transatlantische Verhältnis noch mal verbessern."
Ein Wegfall von Zollschranken und Handelshemmnissen könnte beiden Volkswirtschaften nach Schätzungen der EU-Kommission ein jährliches Plus von jeweils rund 100 Milliarden Euro bringen. Beim EU-Gipfel vergangene Woche erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Wir haben uns auch dafür ausgesprochen, dass das EU-Freihandelsabkommen mit den USA ein wichtiger Baustein sein kann, um Wachstumschancen zu verbessern." Aber die Verhandlungen stocken. Kritiker befürchten, dass europäische Standards sinken könnten bei der Lebensmittelsicherheit und beim Umweltschutz.
Auch darum geht es heute bei Obamas Brüssel-Besuch - neben Krimkrise, Klimawandel und Datensicherheit. Dass Obama fürs Gespräch über derart schwierige Themen gerade mal 75 Minuten aufbringt, dafür zeigt Brüssel Verständnis. Der US-Präsident, sagt ein EU-Diplomat, sei eben ein vielbeschäftigter Mann.