Die wichtigsten Informationen im Überblick Was genau ist in Nizza passiert?
Minutenlang fährt ein Lkw an der Strandpromenade durch eine Menschenmenge, bis Polizisten den Fahrer erschießen. Dessen Identität ist nun offiziell bestätigt. Ein Überblick der wichtigsten Informationen zum Anschlag in Nizza.
Was ist passiert?
Am Abend des französischen Nationalfeiertags ist in Nizza ein Mann mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge auf der Promenade des Anglais gerast. Er fuhr etwa zwei Kilometer lang durch die Menge. Medienberichten zufolge änderte der Lastwagen dabei mindestens einmal die Richtung, um möglichst viele Menschen zu erfassen. Hunderte gerieten in Panik und flüchteten. Viele Menschen wurden jedoch erfasst. Polizisten eröffneten das Feuer auf den Lkw. Mehrere Kugeln trafen die Windschutzscheibe sowie die Fahrerseite des Führerhauses. Der Fahrer wurde getötet.
ARD-Journalist Richard Gutjahr nahm gegen 23 Uhr ein Video auf, das zeigt, wie ein großer, weißer Lastwagen zwischen Palmen entlang auf der breiten Fahrbahn fährt. Auf welcher Höhe des Weges der Clip entstanden ist, ist unklar.
Ebenso ungewiss ist, ob vorher oder anschließend bereits Menschen getroffen wurden. Ein Motorrad holte den Lastwagen ein, fuhr neben die Fahrerkabine. Der Motorradfahrer wollte den Lkw offenbar aufhalten, stürzte aber am Straßenrand. Mehrere Männer rannten hinter dem Lastwagen her, der immer schneller wurde. Der Fahrer gab Gas.
Augenzeugen berichteten, der Täter habe um sich geschossen. Dies ist bislang noch nicht offiziell bestätigt. Entgegen ersten Angaben gab es keine Geiselnahme. Entsprechenden Medienberichten widersprach das französische Innenministerium.
Was ist über die Opfer bekannt?
An der Promenade waren Tausende Menschen unterwegs - darunter viele junge Leute und auch Familien. Mindestens 84 Menschen wurden bei dem Anschlag getötet, darunter zehn Kinder und Jugendliche. 202 Menschen wurden verletzt, viele von ihnen schwer.
Unter den Todesopfern sind mindestens drei Deutsche. Das Bezirksamt von Berlin-Charlottenburg bestätigte den Tod von zwei Schülern und einer Lehrerin. Sie waren auf einer Abifahrt in Nizza. Ein Team des Generalkonsulats Marseille soll vor Ort die Lage aufklären und betroffenen Deutschen Hilfe und Beistand zu leisten, teilte das Auswärtige Amt mit.
Auch weitere Touristen aus verschiedenen Ländern sollen unter den Toten sein. Das US-Außenministerium bestätigte zwei Todesopfer.
Was weiß man über den Hintergrund der Tat?
Bisher ist nichts über den Hintergrund der Tat bestätigt. Präsident Hollande sagte, der Anschlag habe einen islamistischen Charakter. Experten meinen ebenfalls, es gebe Hinweise darauf, was das Ziel und das Vorgehen angehe.
Die Promenade von Nizza ist weltberühmt und ein Symbol für das Lebensgefühl der Stadt. Tausende Menschen hatten das Feuerwerk zum Nationalfeiertag Frankreichs verfolgt.
Was ist über den Täter bekannt?
Bei dem Täter handelt es sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft um einen Tunesier namens Mohamed Lahouaiej-Bouhlel, der seit vielen Jahren in Nizza lebte. Der Mann war bislang nur als Kleinkrimineller aufgefallen. Den Geheimdiensten sei der geschiedene Vater von drei Kindern "völlig unbekannt" gewesen, sagte Staatsanwalt François Molins. Lahouaiej-Bouhlel habe als Lieferant gearbeitet. Anfangs hatte es geheißen, der Mann habe auch die französische Nationalität.
Ein Bekennerschreiben gibt es nicht. Nach Einschätzung des Staatsanwalts deutet aber viel darauf hin, dass der Mann von Mordaufrufen islamistischer Gruppen inspiriert war.
Handelte der Täter allein?
Das ist bislang offen. Ermittler durchleuchten nun das Umfeld des mutmaßlichen Terroristen, prüfen Verbindungsdaten und suchen nach potenziellen Komplizen.
Präsident Hollande sagte zunächst, es gebe keine Hinweise auf Komplizen. Der Präsident der Region Provence-Alpes-Côte d'Azur, Christian Estrosi, rief die Ermittler hingegen auf, sich auf die Suche nach Komplizen des Attentäters zu konzentrieren. "Angriffe werden nicht alleine vorbereitet. Angriffe werden mit Komplizen vorbereitet", sagte Estrosi, der auch Bürgermeister von Nizza ist.
Wie reagiert Frankreich?
Präsident Hollande zeigte sich erschüttert und kündigte eine harte Reaktion an: "Frankreich wurde an seinem Nationalfeiertag angegriffen, der die Freiheit symbolisiert." Nichts könne "uns dazu bringen, im Kampf gegen den Terrorismus nachzulassen. Wir werden unsere Aktionen im Irak und in Syrien stärken. Wir werden diejenigen treffen, die uns auf unserem eigenen Boden angreifen."
Hollande rief die Reservisten bei Polizei und Militär auf, den regulären Einsatzkräften zu Hilfe zu kommen, die von dem achtmonatigen Ausnahmezustand nach den Anschlägen von Paris im November erschöpft seien. Er kündigte zudem an, der Ausnahmezustand werde um drei Monate verlängert. Eigentlich sollte dieser im Juli enden. In der Region um Nizza wurde die Terrorwarnstufe ausgerufen.
Der Ausnahmezustand gibt Sicherheitsbehörden unter anderem folgende Sonderrechte:
- Webseiten sperren
- radikale Vereine oder Organisationen auflösen
- Bewegungsfreiheit einschränken
- Hausarreste verhängen
- Durchsuchungen ohne richterlichen Beschluss anordnen
- besondere Zonen zu Schutzgebieten erklären
- Veranstaltungsorte, Treffpunkte oder Kneipen schließen
- auch legal erworbene Waffen einziehen
Frankreich gedenkt der Opfer mit einer dreitägigen Staatstrauer. Premierminister Manuel Valls teilte nach einer Krisensitzung mit, die Trauerperiode werde am Samstag beginnen. Er bestätigte zudem, dass das französische Parlament in der kommenden Woche über die Verlängerung des Ausnahmezustandes abstimmen solle.
Die Tour de France soll trotz des Anschlags heute fortgesetzt werden. Die Sicherheitsvorkehrungen werden noch einmal erhöht, zudem wird dort der Opfer von Nizza gedacht.