Partnerschaftsagentur in Nigeria Leben mit HIV - zu zweit
HIV-Positiv und allein? In Nigeria versucht eine Agentur Infizierte, die sich jemanden an ihrer Seite wünschen, miteinander zu verbinden. Das Interesse ist groß, doch das Geschäft heikel, denn Aids wird geächtet.
Von Jens Borchers, ARD-Nordwestafrika
"HIV-positiv und auf der Suche nach einem Ehemann oder einer Ehefrau?" Mit solchen Graffitis wirbt Ugochukwu Michael für seine Partnervermittlung in Nigeria. Er versucht Menschen zu helfen, die wegen ihrer HIV-Infektion Probleme haben, einen Partner fürs Leben zu finden.
Die Kunden dieser Partnerschaftsvermittlung sind scheu. Sie wollen ihre Namen nicht sagen. Sie haben Angst, es könnte sich herumsprechen, dass sie HIV-positiv sind. Eine Kundin hat selbst erlebt, was das bedeuten kann: "Als ich erfuhr, dass ich HIV-positiv bin, hatte ich einen Partner. Ich erzählte es ihm. Er sagte, das kann doch nicht wahr sein. Er hat mir das Leben schwer gemacht. Er sagte, ich sei ein wandelnder Leichnam."
Offizielle Statistiken sprechen von 3,5 Millionen infizierten Menschen in Nigeria. Hilfsorganisationen glauben, die Zahl liege sehr viel höher. Fakt ist jedenfalls, dass Michaels Partnerschaftsvermittlung für HIV-Positive sehr gefragt ist.
7000 Interessenten im Computer
Der gläubige Katholik war Mitglied einer Gruppe, die sich um Patienten in Krankenhäusern kümmere. So kam er erstmals mit Menschen zusammen, die sich mit HIV infiziert hatten und diese Diagnose sehr oft niemanden erzählten. Das brachte ihn auf die Idee der Partnerschaftsvermittlung. Das war vor vier Jahren. Jetzt hat er 7000 Interessenten in seinem Computer: "Ich bekomme haufenweise Anfragen. Aber ich sage immer: Wenn Du es ernst meinst, dann komm‘ persönlich vorbei."
Denn die Partnerschaftsvermittlung für HIV-Positiver ist ein heikles Geschäft. Michael akzeptiert nur Kunden, die nachweisen können, dass sie tatsächlich infiziert sind und dass sie professionell behandelt werden. Er spricht lange mit ihnen, bevor er die Telefonnummer für einen möglichen Partner heraus gibt. So wie an diesen Kunden, der verlegen lacht, wenn er an seinen ersten Anruf denkt: "Ich wusste zuerst nicht, was ich sagen soll. Dann sagte ich, woher ich die Telefonnummer habe und die Frau hat gelacht." Die lachende Frau verabredete sich mit ihm. Und sie hätten sich beim ersten Treffen über ihre Situation als HIV-Positive unterhalten. Mittlerweile sind sie verheiratet und haben zwei Kinder.
Betrüger werden angezeigt
Michael arbeitet mit seiner Frau Grace zusammen. Beide sagen, sie seien sich darüber im Klaren, dass es Betrüger geben kann. Männer, die hoffen, sich durch die Agentur schnell ein nettes Abenteuer zu verschaffen. Leute, die andere finanziell ausbeuten wollen. Sie warnen die Kunden: "Wir sagen ihnen, es gibt kein Pardon. Wer betrügt, wird wie ein Betrüger behandelt und angezeigt."
Kritik an der Agentur gibt es dennoch: Vor allem von der Seite der Kirchen. So etwas multipliziere doch nur die Infektionen, heißt es. Andere kritisieren, dass Michael umgerechnet knapp sechs Euro für die Vermittlung nimmt. Michael sagt, ihn störe das nicht: "Die Denkweise in Nigeria ist immer noch, diese Menschen zu ächten. Mangel an Aufklärung, Ignoranz - das ist es. Das sind keine wandelnden Leichname. Es sind Menschen. Sie haben einen Virus. Sie brauchen Liebe. Mehr als andere."
Training im Umgang nötig
Michael sagt, er akzeptiere Christen, Muslime und Atheisten als Kunden. Für ihn ist nur wichtig, dass er ihre Angaben so gut es geht überprüfen kann. Was ist die größte Herausforderung für ihn? "Ich brauche Training", sagt er, "ich brauche mehr Aufklärung darüber, wie ich mit diesen Menschen umgehen kann."