Niederländisches Parlament Heftige Debatte über antisemitische Gewalt
Nach den Angriffen auf israelische Fußballfans hat das niederländische Parlament in einer hitzigen Debatte über die Konsequenzen diskutiert. Vor allem rechte Politiker fordern harte Strafen. Von Ludger Kazmierczak
Nach den Angriffen auf israelische Fußballfans hat das niederländische Parlament in einer hitzigen Debatte über die Konsequenzen diskutiert. Vor allem rechte Politiker fordern harte Strafen.
Für Geert Wilders von der radikal rechten PVV, der Partij voor de Vrijheid, war es schlichtweg eine "Jagd auf Juden", ein "Pogrom der schlimmsten Art", wie es der Chef der größten Regierungspartei formuliert.
Caroline van der Plas von der Bauernpartei pflichtet ihm bei. Für sie ist auch ohne abschließenden Ermittlungsbericht der Polizei klar, dass junge Männer aus Marokko und Nordafrika für die antisemitische Gewalt nach dem Europa-League-Spiel zwischen Ajax Amsterdam und Maccabi Tel Aviv verantwortlich sind. "Was Donnerstagnacht und in den Tagen danach passiert ist, war reiner Judenhass. Und zwar aus Teilen der Bevölkerung, die in den letzten Jahren niemand beim Namen nennen durfte - aus Angst davor, als Rassist abgestempelt zu werden", so van der Plas.
Harte Strafen gefordert
Diese pauschale Vorverurteilung geht für Stephan van Baarle, den Chef der bei marokkanisch- und türkischstämmigen Wählern populären Einwanderungspartei DENK, eindeutig zu weit. "Damit setzt sie eine Gruppe niederländischer Muslime, marokkanische Niederländer, kollektiv auf die Anklagebank", sagte er.
Van Baarle konfrontiert van der Plas und Wilders mit der Einschätzung der Amsterdamer Polizei, wonach die Gewalt auch von israelischen Fußballfans ausgegangen ist. Wenn dem so sei, verurteile er das, kontert Wilders. Das sei aber keine Rechtfertigung für den exzessiven Judenhass. Wilders fordert harte Strafen für die Gewalttäter - sie sollten behandelt werden wie Terroristen.
Sie müssen ermittelt und verfolgt werden und höchstmögliche Strafen bekommen. Und wenn sie eine doppelte Staatsbürgerschaft haben, muss man ihnen den niederländischen Pass abnehmen und sie - wenn es geht - schnellstmöglich aus dem Land schmeißen. Und wenn ich dabei helfen kann, mache ich das gerne.
Wilders‘ Botschaft ist klar: Er sieht sich in seiner Politik bestätigt, die lange Zeit ausschließlich eine kritische Auseinandersetzung mit dem Islam und Muslimen in den Niederlanden gewesen ist. "Ich rufe hier schon seit 20 Jahren, dass wir damit aufhören müssen, wegzuschauen, wenn es um Integrationsprobleme geht, um Probleme mit Marokkanern und um Probleme mit dem Islam", so Wilders.
Vorwürfe an Wilders
Über die Möglichkeit, Menschen mit doppelter Nationalität in bestimmten Fällen die niederländische Staatsbürgerschaft aberkennen zu können, wird im politischen Den Haag kontrovers diskutiert. Am Freitag will das Kabinett Vorschläge machen, wie der Staat bei antisemitischer Gewalt künftig härter durchgreifen kann.
Schnellere Ausweisungen durch Aberkennung der Staatsbürgerschaft sind dabei eine Option. Frans Timmermans als Chef des Bündnisses von Grünen und Sozialdemokraten gibt zu bedenken, dass Antisemitismus nicht ausschließlich ein Phänomen in islamischen Kreisen sei. Wilders wirft er vor, bewusst Öl ins Feuer zu gießen: "Was Sie machen, ist schlicht und ergreifend, die Stimmung aufheizen und das Land spalten", so Timmermans. "Während dieses Land Politiker braucht, die Menschen zusammenbringen."
Rob Jetten von der linksliberalen Oppositionspartei D66 sieht das genauso. An Wilders gerichtet warnt er: "Antisemitismus bekämpfst du nicht mit noch schlimmerem Rassismus."