Nahostreise von Blinken Marathonbesuch und wenig Hoffnung
Im Nahostkonflikt stehen alle Zeichen auf Eskalation. Bei seinem Besuch in Israel und dem Westjordanland hat US-Außenminister Blinken dennoch alles versucht, um zu vermitteln. Eine Lösung fand aber auch er nicht.
Wer einen Konflikt lösen will, muss Sitzfleisch haben. Viel Sitzfleisch hatte Antony Blinken auf seinem Besuch in Israel und im Westjordanland. Er traf nicht nur seine Amtskollegen, sondern auch Israels Premier Benjamin Netanyahu und Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas. Ein Zeichen, wie wichtig die Mission den USA ist. Die derzeit ausufernde Gewalt zwischen Israel und den Palästinensern zu deeskalieren - das Ziel der Reise -, ist dennoch eine Mammutaufgabe, die Blinken nicht lösen konnte.
"Wir machen uns keine Illusionen"
Das musste der US-Außenminister am Ende der Reise einsehen. "Ich habe eine große Sorge herausgehört darüber, in welche Richtung sich das hier entwickelt. Wir machen uns auch keine Illusionen darüber, dass solche Spannungen sich über Nacht auflösen."
Jede Seite müsse jetzt Schritte unternehmen, die weitere Gewalt verhindert und Ruhe einkehren lässt, betonte Blinken. "Das ist der einzige Weg, wie sich das Sicherheitsgefühl der Menschen verbessert und sie keine Angst mehr haben müssen."
Blinken kündigte an, ein Team von Mitarbeitern werde in der Region bleiben, um die Gespräche fortzusetzen. Er selbst wolle in den kommenden Tagen auch mit anderen Ländern der Region Kontakt aufnehmen, um weitere Ideen zu besprechen. Welche das konkret sind, erklärte Blinken nicht - wiederholte aber gebetsmühlenartig, die USA wollten an einer Zweistaatenlösung festhalten.
Im Westjordanland leben derzeit mehr als 650.000 Siedler, die neue Regierung von Netanyahu kündigte an, den Siedlungsbau weiter auszubauen.
Deutliche Kritik an Israel
Immerhin wurde Blinken hier deutlicher, als er es noch am Vortag nach dem Treffen mit Israels Premier gewesen war: "Die Vereinigten Staaten sind gegen alles, dass eine Zweistaatenlösung gefährdet." Dazu zählten unter anderem der Siedlungsausbau, die Legalisierung illegale Außenposten und Schritte in Richtung Annexion des Westjordanlandes. Und: "Das Stören von historischen Vereinbarungen an heiligen Orten in Jerusalem, das Abreißen von Häusern oder das Vertreiben aus Häusern sowie das Anstiften zu Gewalt."
Ein klarer Seitenhieb in Richtung der neuen israelischen Regierung, die nach den Terroranschlägen in Jerusalem ebensolche Maßnahmen angekündigt hatte, die nun kontrovers diskutiert werden. Unter anderem, ob es richtig sei, auch die Familien von Attentätern zu bestrafen - eine Art kollektive Strafe anzuwenden.
Dazu äußerte sich Dimitri Diliani, ein Sprecher der Fatah, der stärksten Fraktion der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO, deren Vorsitzender Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist: "Wenn jemand denkt, dass solche Maßnahmen Ruhe bringen, irrt er sich gewaltig." Das sei das perfekte Rezept für mehr Gewalt und mehr Rache: "Wir Palästinenser waren schon sehr lange hier, wir gehen nirgendwohin und lassen uns nicht vertreiben."
Abbas äußert sich nur schriftlich
Abbas selbst trat nicht vor die Kameras. In einem schriftlichen Statement ließ er noch einmal verlauten, dass er Israel die Schuld an der eskalierenden Gewalt gebe. Erst am Wochenende hatte die Autonomiebehörde die Sicherheitszusammenarbeit mit Israel aufgekündigt.
Beobachtern zufolge soll Abbas Blinken aber versichert haben, er wolle verantwortungsvoll in dieser schwierigen Zeit handeln.Ob das bedeutet, dass der Palästinenserpräsident bereit ist, die Sicherheitszusammenarbeit mit Israel offiziell wieder aufzunehmen ist, bleibt abzuwarten.