Bericht über MH17-Absturz Russland soll Fotos gefälscht haben
Mithilfe von Satellitenfotos wollte die russische Regierung belegen, dass die Ukraine für den Abschuss des Fluges MH-17 verantwortlich ist. Die Recherchegruppe Bellingcat hat nun nachgewiesen, dass die Fotos manipuliert worden sind.
Vier Tage nach dem Absturz des Malaysia-Airlines-Fluges MH17 über der Ukraine, am 21. Juli 2014, liefert das russische Verteidigungsministerium angebliche Beweise für die Schuld der Ukraine an der Katastrophe. Der stellvertretende Stabsleiter der russischen Streitkräfte, Andrej Kartapolov, präsentiert auf einer Pressekonferenz Satellitenfotos, die belegen sollen, dass eine ukrainische Flugabwehrrakete vom Typ "Buk M1" das Flugzeug abgeschossen hat. Die Fotos zeigen Stellungen und Bewegungen von ukrainischen Buk-Fahrzeugen, die um den 17. Juli 2014 aufgenommen worden sein sollen, dem Tag des Absturzes. So steht es auch auf den Fotos. Sie sollen beweisen, dass die Fahrzeuge an diesem Tag in die Nähe des von Separatisten kontrollierten Gebiets verlegt wurden.
Diese Satellitenbilder, die heute nicht mehr auf der Seite des russischen Verteidigungsministeriums zu finden sind, hat die Recherche-Gruppe Bellingcat um den Blogger Eliot Higgins auf mehreren Ebenen untersucht. Ihr Vorwurf lautet nun: Die Fotos wurden digital bearbeitet und falsch datiert.
Vegetation auf Aufnahmen unstimmig
Der Vorwurf der falschen Datierung einiger Satellitenbilder ist plausibel und rekonstruierbar. Das zeigt ein Vergleich der Beschaffenheit von Bodenstrukturen, Gebäuden oder Fahrzeugen auf den russischen Fotos mit denselben Elementen auf anderen Satelliten-Aufnahmen. Sie legen nahe, dass der vom russischen Ministerium angegebene Entstehungszeitpunkt nicht stimmen kann.
So präsentierte das russische Verteidigungsministerium etwa eine auf den 14. Juli 2014 datierte Aufnahme einer ukrainischen Militärbasis nördlich von Donezk mit angeblich deutlich zu erkennenden geparkten Buk-Fahrzeugen. Ein Vergleich der Vegetation - etwa am oberen linken Rand der Aufnahme - mit anderen, vom Satelliten-Dienst Google Earth bereit gestellten Fotos, zeigt, dass dieses Bild einige Wochen älter sein muss, als von russischer Seite angegeben.
Bereits Anfang Juli gab es in diesem Bereich keine Bäume oder Sträucher mehr. Der Zustand des Bereichs entspricht aber den Satellitenaufnahmen, die etwa Anfang oder Mitte Juni gemacht wurden. Auf diesem Wege lässt sich die Argumentation von Bellingcat auch bei anderen Aufnahmen rekonstruieren.
Was wurde mit Photoshop manipuliert?
Schwieriger wird es beim Vorwurf der Manipulation des Bildinhalts. Zwar zeigt eine Metadatenanalyse, dass die Fotos mit Photoshop bearbeitet wurden. Mit frei verfügbaren Online-Werkzeugen lässt sich nachvollziehen, dass die Bildbearbeitungssoftware in den Satellitenfotos angewendet wurde. Das allein ist aber noch nicht weiter verwunderlich - denn auf den Aufnahmen wurden Koordinaten, Daten und Pfeile eingefügt, die auf die Position der Fahrzeuge hinweisen. Zudem wurden die Bilder verkleinert. Schon dafür kann Photoshop verwendet worden sein.
Weitere Veränderungen soll daher laut Bellingcat eine forensische Analyse aufzeigen, die für Laien allerdings nicht mehr so einfach nachzuvollziehen ist. Die sogenannte Fehler-Level-Analyse vergleicht hierbei die durch Komprimierung entstandenen Abweichungen innerhalb eines digitalen Bildes. So leiten die Rechercheure aus der Position und Beschaffenheit der Wolken ab, dass die Satellitenbilder auch inhaltlich verändert wurden. Was genau daran modifiziert wurde, lässt sich nicht eindeutig klären.
Bellingcat ist eine mittels Crowd-Funding finanzierte Investigativplattform, die bereits mehrfach mit Recherchen zum Absturz von MH17 für Aufsehen gesorgt hat. So konnte die Gruppe nachweisen, dass ein Buk-Raketensystem einen Tag vor dem Absturz durch Russland und von Rebellen kontrollierte Gebiete gefahren ist. Am Tag danach war das gleiche Fahrzeug mit einer fehlenden Rakete wieder auf dem Rückweg. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde das Flugzeug von einer Buk-Rakete getroffen, 298 Menschen kamen ums Leben. Ein abschließender Bericht aus den Niederlanden dazu steht noch aus. Russland und die Ukraine geben sich gegenseitig die Schuld am Absturz der Maschine.