Nach dem Mord an Journalistin Politkowskaja EU-Parlament übt scharfe Kritik an Russland
Nach dem Mord an der russischen Journalistin Politkowskaja hat das Europaparlament die EU aufgefordert, ihre künftigen Beziehungen zu Russland "grundsätzlich zu überdenken". Die Parlamentarier forderten außerdem eine unabhängige Untersuchung des Mordes.
Das EU-Parlament hat den Umgang mit Journalisten und Nichtregierungsorganisationen in Russland scharf verurteilt. In einer in Straßburg verabschiedeten Resolution forderten die Abgeordneten die EU-Regierungen auf, "die künftigen Beziehungen mit der Russischen Föderation grundlegend zu überdenken". Der liberale Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff erklärte in der Debatte, angesichts zahlreicher Menschenrechtsverletzungen könne es "im Moment keine Wertegemeinschaft mit Russland geben".
Mit seiner Resolution reagierte das Parlament auf das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Finnland am vergangenen Freitag. Bei dem Gipfel hatten sich beide Seiten grundsätzlich für die Vereinbarung eines neuen Partnerschaftsabkommens ausgesprochen. Die Abgeordneten erklärten dazu, Demokratie, Menschenrechte und Meinungsfreiheit müssten Kernpunkte aller künftigen Übereinkommen sein. Auch müsse es "einen eindeutigen Mechanismus" geben, um die Bestimmungen des Abkommens zu überwachen. "Die Menschenrechtsklausel darf nicht aus dem Abkommen herausfallen", mahnte Grünen-Fraktionschefin Monica Frassoni.
Mord an Politkowskaja scharf verurteilt
Scharf verurteilte das EU-Parlament die Ermordung der regierungskritischen russischen Journalistin Anna Politkowskaja, die in der Resolution als "ausgewiesene Verfechterin der Menschenrechte" gewürdigt wird. Ihre Ermordung lasse "auf einen Auftragsmord schließen", wie überhaupt die Ermordung politischer Gegner zu einem "beunruhigenden Phänomen im politischen Leben Russlands" geworden sei. Nachdrücklich forderte das Parlament eine "unabhängige und wirksame Untersuchung" des Modes an der mehrfach preisgekrönten Journalistin. Die EU und der Europarat sollten die Ermittlungen genau verfolgen.
Ferner kritisierten die Abgeordneten, dass seit In-Kraft-Treten des neuen russischen Gesetzes über Nichtregierungsorganisationen mehr als 90 nichtstaatliche Gruppen ihre Arbeit einstellen mussten. Ungenauigkeiten in dem Gesetz dürften nicht als "Vorwand genutzt werden, um die kritischen Stimmen der Zivilgesellschaft zu unterbinden", heißt es in der Parlamentsresolution.
Finnland: Russland nicht als "brutale Diktatur" darstellen
Der finnische Regierungschef und amtierende EU-Ratspräsident Matti Vanhanen warnte in der Debatte indes davor, Russland als "eine Art brutale Diktatur" darzustellen. "Die Russen wollen die Zusammenarbeit, sie wollen ihren Lebensstandard anheben und sie wollen das gemeinsam mit uns voranbringen", sagte Vanhanen in Straßburg. Er betonte, bei dem Gipfeltreffen in Finnland hätten er und seine EU-Kollegen offen und ehrlich mit Putin diskutiert. "Ich war besonders erfreut, dass wir mit einer Stimme gesprochen haben."