Zypern-Frage EU rätselt weiter über türkisches Angebot
Immer neue Sitzungsrunden der EU-Botschafter bringen bisher keine Lösung im Streit zwischen EU und Türkei um die Zypern-Frage. Der Kern des Problems: Niemand kennt bisher den genauen Inhalt eines angeblichen türkischen Kompromissangebots. So herrscht weiterhin Rätselraten.
Von Barbara Wesel, RBB-Hörfunkstudio Brüssel
Die Türkei macht’s spannend – Diplomaten in Brüssel kennen seit längerem die besondere türkische Taktik, sich bis zu letzten Minute stur zu stellen um dann in der letzten Sekunde doch noch ein bisschen nachzugeben. Seit Donnerstag gibt es deswegen immer wieder neue Sitzungsrunden der EU-Botschafter – aber auch immer noch ist offen, was denn nun wirklich hinter der türkischen Offerte zur Lösung des Zypern -Zollproblems steht.
Die Botschafter sind es, die die Verhandlungsgrundlage für ihre Außenminister schaffen müssen, die sich am Montag in Brüssel treffen. Zentraler Programmpunkt dabei: Wie soll die EU mit der Türkei verfahren, die bisher ihre Verpflichtungen zur Öffnung des Handels mit der griechisch-zypriotischen Inselrepublik nicht erfüllt hat.
Könnte, würde, wäre...
Auf dem Tisch liegt da nach wie vor die Empfehlung der EU-Kommission, acht Abschnitte aus dem Themenpaket der Beitrittsverhandlungen auszusetzen, bis das Zypernproblem gelöst ist. Nun schien es plötzlich, als ob man eine neue Lage hätte, die EU vielleicht davon absehen könnte, eine solche "Strafe" gegen die Türkei zu verhängen. Bloß - bisher stehen alle Aussagen darüber im Konjunktiv: Könnte, würde, wäre....
"Natürlich hoffen wir, dass das ein Schritt ist, mit dem die Türkei zur Umsetzung des Ankara-Protokolls kommt. Aber was sie bisher gesagt hat, ist nicht genug, und die EU wird natürlich entscheiden, wie der Beitrittsprozess fortgesetzt wird", sagte der finnische Premier und derzeitige EU-Ratsvorsitzende Matti Vanhanen.
"Wir können nicht über etwas reden, das wir nicht kennen"
Und die Botschafter tappen nach wie vor im Dunkeln, welche Zugeständisse die Türken tatsächlich machen würden: Einen Hafen öffnen oder auch einen Flughafen oder mehr, vorübergehend oder für immer, nur unter Bedingungen oder ohne Konditionen – in Brüssel liegt bisher kein schriftliches Angebot dazu vor. "Wir können doch nicht über etwas reden, das wir nicht kennen", sagen Diplomaten, und deuten an, dass die türkische Seite ja vielleicht bewusst unkonkret bleibt.
Möglich auch, dass die finnische Ratspräsidentschaft zu einem gewissen Kommunikationschaos beigetragen hat: Denn die Quelle der Mitteilung über das mutmaßliche Nachgeben der Türkei blieb die ganze Zeit über ungewiss: War es Außenminister Abdullah Gül am Telefon mit seinem finnischen Kollegen Erkki Tuomioja? Dieser sprach gestern von einem mündlichen und einem schrftlichen Teil, letzterer aber liegt bislang nicht vor. Oder kam die Offerte über Dritte? Durch diplomatische Kanäle? Teile wurden wohl über das türkische Fernsehen lanciert – jedenfalls ein Durcheinander.
Regelmäßiger Stillstand
Aber ein verhandlungsfähiges Papier war liegt noch nicht auf dem Tsich. Sollte am Wochenende noch eins kommen, treten die Botschafter in Brüssel wieder zusammen. Wenn nicht, werden die Außenminister am Montag entscheiden, die Beitrittsverhandlungen - wie von der Kommission vorgeschlagen - zu verlangsamen. Eins aber ist klar: Mit ihrer Methode Teppichbasar plus bringen die Türken regelmäßig die ganze EU zum Stillstand. Die Begeisterung für die Beitrittsgespräche aber steigert diese Strategie nicht.