EU-Troika in Belgrad Steinmeier auf Goodwill-Tour in Serbien
Außenminister Steinmeier ist mit der EU-Troika in Belgrad eingetroffen. Neben dem künftigen Status der abtrünnigen Provinz Kosovo soll es dort darum gehen, "die europäische Perspektive für Serbien aufrecht zu erhalten". Wichtig, aber nicht leicht, denn die EU hat bei vielen Serben keinen guten Ruf.
Von Eberhard Nembach, ARD-Hörfunkstudio Wien
Serbiens Präsident Boris Tadic bittet um Aufschub: Nach einem Treffen mit den Spitzenpolitikern der im neuen Parlament vertretenen Parteien verkündete er den gemeinsamen Wunsch, die für nächste Woche geplanten Kosovo-Gespräche in Wien zu verschieben. Schließlich ist das neu gewählte serbische Parlament noch keinmal zusammengetreten und Koalitionsgespräche haben noch nicht einmal wirklich begonnen.
Trotzdem solle der UN-Sondergesandte Martti Ahtisaari seine Pläne für eine Art überwachte Unabhängigkeit des Kosovo jetzt auch bald in New York präsentieren, schon im März könnte es eine Entscheidung im UN-Sicherheitsrat geben, wenn Russland mitspielt. Auch die deutsche EU-Ratspräsidentschaft will das Thema in den nächsten Monaten erledigt sehen, wie Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier vor kurzem vor der OSZE in Wien erklärte: "Die EU bereitet sich jedenfalls schon intensiv darauf vor, den Kosovo nach der Statuslösung beim Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen und der Polizei zu unterstützen."
Geringe Erwartungen an Steinmeier & Co
Europäer und Amerikaner haben doch schon längst entschieden, was aus dem Kosovo werden soll - das ist die verbreitete Überzeugung vieler Serben. Die Erwartungen an Steinmeier und seine hoch besetzte EU-Delegation sind gering: "Die EU ist eine alte Oma, von denen erwarte ich nichts", sagt ein Passant auf der Straße. "Die werden uns Befehle erteilen wollen - aber von unseren Politikern erwarte ich, dass sie kategorisch Nein sagen“, meint ein anderer. Auch unter Jüngeren hat Europa keinen guten Ruf: "Ich möchte nicht, dass der Kosovo unabhängig wird", sagt ein Architektur-Student.
Mit gutem Willen gegen den Trotz
Viele Serben fühlen sich isoliert, das verstärkt die Trotzhaltung. Um die aufzubrechen, muss Brüssel auch mit freundlichen Angeboten kommen - schon damit Serbiens Politiker ihr Gesicht vor den Wählern wahren können, wenn der Kosovo bald doch von Serbien abgetrennt wird. Womit längst die meisten Serben rechnen. Im Gegenzug könnte Brüssel zum Beispiel die Verhandlungen über eine Annäherung an die EU wieder aufnehmen.
Die liegen seit dem letzten Jahr auf Eis, weil der als Kriegsverbrecher gesuchte Ex-General Ratko Mladic noch immer nicht gefunden und nach Den Haag ausgeliefert wurde. "Wir wissen zwar immer noch nicht, wo Mladic ist", sagte Anfang der Woche Rasim Ljajic, zuständig für die Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal zuständig. Es sei daher kaum vorstellbar, dass Serbien ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU unterschreibe, ohne dass Mladic in Den Haag ist. "Aber ich bin mehr als sicher, dass wir die Verhandlungen darüber wieder aufnehmen, sobald eine Regierung des demokratischen Blocks gebildet ist."
Mühsame Mehrheitsfindung im Parlament
Das könnte aber noch dauern. Bis Mai haben die zerstrittenen serbischen Spitzenpolitiker Zeit zum Verhandeln. Die Besucher aus Brüssel und Berlin dürften ihnen ins Gewissen reden und darauf drängen, dass schnell eine stabile Regierung gebildet wird, und zwar ohne die Radikale Partei, die im Parlament die stärkste Fraktion stellen wird.
Eine Mehrheitsfindung im Parlament könnte aber mühsam werden. Am einfachsten wäre es, wenn der jetzige Regierungschef Vojislav Kostunica mit seiner Partei DSS und Präsident Tadic mit der DS sich nach jahrelangen Streitereien zusammenrauften, um gemeinsam mit der kleinen, westlich orientierten Wirtschaftspartei G17plus eine Regierung zu stellen. Vor allem Kostunica ziert sich aber noch. Angesichts der drohenden Ablösung des Kosovo und des Streits um Mladic ist es im Augenblick auch nicht sehr attraktiv, in Serbien Verantwortung zu tragen. Umso wichtiger sind Hilfsangebote aus Brüssel und Berlin.