EU-Russland-Gipfel Schwere Aufgabe für Angela Merkel
Schwieriger Auftakt beim EU-Russland-Gipfel: Kurz vor Beginn haben Russland und Polen den Ton im Fleischstreit noch einmal verschärft - von "Kriegserklärung" und "sinnlosem Aufstand" ist die Rede. In Samara wartet deshalb eine schwierige Mission auf Ratspräsidentin Merkel - sie soll für Annäherung sorgen.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat Bundeskanzlerin und EU-Ratspräsidentin Angela Merkel und Kommissionschef Jose Manuel Barroso in der Nähe von Samara an der Wolga empfangen. Der so genannte EU-Russland-Gipfel findet in aufgeheizter politischer Stimmung statt. "Es gibt Probleme", räumte Barroso nach seiner Ankunft in Samara ein. Er fügte hinzu, dass sich für diese "aber auch Lösungen finden ließen".
Merkel kündigte an, bei dem zweitägigen Treffen mit Putin eine offene Aussprache führen zu wollen. "Der große Wert des Treffens liegt darin, dass man Gelegenheit hat, offen über alles zu reden und so die Entwicklung voranzutreiben", sagte die EU-Ratspräsidentin nach ihrer Ankunft in Samara.
Streit um Fleischimporte
Gestritten wird nach wie vor um ein russisches Importverbot für polnisches Fleisch, das mit hygienischen Mängeln begründet wird. Polen blockiert seinerseits seit geraumer Zeit die Neuauflage des so genannten Partnerschaftsabkommens der EU mit Russland. Dessen Neuauflage wäre aber nötig, unter anderem um Energielieferungen aus Russland auf eine neue vertragliche Grundlage zu stellen.
Der Streit zwischen Polen und Russland verschärfte sich kurz vor Beginn des Gipfels noch einmal: Polens Außenministerin Anna Fotyga bezeichnete das seit eineinhalb Jahren geltende Fleischembargo als "Kriegserklärung". Sie setze nun auf das Verhandlungsgeschick der EU-Spitze. In Moskau konterte ein Sprecher des russischen Föderationsrates in nicht minder aggressivem Ton: Das polnische Veto gegen das Rahmenabkommen mit Russland sei "ein sinnloser Aufstand gegen den Lauf der Geschichte". Sein Land werde auch weiter die Grenzen für "gammeliges Fleisch" aus Polen geschlossen halten.
Der Fleischstreit ist derzeit nur ein Schauplatz für Konflikte zwischen der EU und Russland. Gestritten wird auch um die Verlegung eines Kriegerdenkmals aus Sowjetzeiten in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Auch beim Thema Kosovo gibt es unterschiedliche Ansichten. Der Streit um den geplanten US-Raketenschild in Tschechien soll beim Gipfel keine Rolle spielen.
Opposition plant Protestmarsch in Samara
Das Treffen findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Tausende Polizisten patroullierten auf dem Gelände der Residenz am Wolga-Ufer nordwestlich von Samara sowie in Samara selbst. Dort will die russische Opposition am Freitag einen so genannten Marsch der Dissidenten abhalten. Obwohl die Behörden die Demonstration auf Druck der EU genehmigten, nahm die Polizei am Donnerstag erneut mehrere Organisatoren vorübergehend fest. Zu der Protestkundgebung will auch der Oppositionspolitiker und frühere Schachweltmeister Garri Kasparow anreisen.