Zwischenbilanz im Untersuchungsausschuss EU-Parlament sieht illegale CIA-Flüge als erwiesen an
Der CIA-Untersuchungsausschuss des Europa-Parlaments sieht die illegalen Flüge des US-Geheimdienstes in Europa als erwiesen an. Die CIA sei eindeutig verantwortlich für die Entführung und rechtswidrige Gefangennahme von Terror-Verdächtigen auf dem Gebiet der EU-Mitgliedstaaten, heißt es im Zwischenbericht.
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Seit vier Monaten ist der CIA-Untersuchungsausschuss des Europa-Parlaments damit beschäftigt, Akten zu sichten und Zeugen zu befragen. Es geht um die Frage, ob und in welchem Umfang der amerikanische Geheimdienst Terrorverdächtige aus Europa verschleppt und in andere Länder ausgeflogen hat und ob es geheime CIA-Gefängnisse in Europa gibt, wo Menschen festgehalten und verhört oder gar gefoltert werden.
Bisher beschäftigten sich die Europa-Parlamentarier vor allem mit den geheimen CIA-Flügen und bekamen ein ziemliches klares Bild von dem, was sich in den vergangenen Jahren abgespielt hatte. Es gebe Belege für insgesamt mehr als 1000 nicht angemeldete Flüge seit dem Jahr 2001, sagten Mitglieder des Untersuchungsausschusses. "Die CIA ist eindeutig verantwortlich für die Entführung und illegale Gefangennahme von mutmaßlichen Terroristen auf dem Gebiet der EU", heißt es im Zwischenbericht - jetzt vorgestellt von dem italienischen Europa-Abgeordneten Giovanni Fava.
"Wenn wir alle Zeugenaussagen zusammenfassen, dann können wir festhalten, dass es sich nicht um einzelne Episoden handelt, sondern um eine weit verbreitete Praxis - ich glaube man kann nur zu dieser Schlussfolgerung kommen", sagte Fava.
Entführt, gefoltert und verhört
Verschiedene Fälle hatten in den vergangenen Monaten für Aufsehen und Empörung quer durch Europa gesorgt: In Italien war der Imam von Mailand, Abu Omar, im Februar 2003 von der CIA nach Ägypten entführt worden, um dort verhört und gefoltert zu werden. Abu Omar soll über den deutschen US-Militärstützpunkt in Ramstein nach Ägypten ausgeflogen worden sein.
Ein Jahr zuvor, im Januar 2002, sei ein Flugzeug von Ramstein aus gestartet, um sechs Gefangene aus Bosnien ins US-Gefangenenlager in Guantanamo zu bringen. Das hat der Anwalt dieser Männer, der Amerikaner Stephen Oleskey, vor dem Untersuchungsausschuss ausgesagt. Soldaten der Bundeswehr, die als Journalisten getarnt waren, hatten Angehörige dieser Gefangenen in Bosnien befragt.
Der ehemalige britische Botschafter in Usbekistan, Craig Murray, hatte vor dem Ausschuss ausgesagt, dass die CIA Terrorverdächtige aus Afghanistan nach Usbekistan ausgeflogen habe. Dort seien sie vom usbekischen Geheimdienst verhört und gefoltert worden. Die Informationen seien dann an die CIA und den britischen Geheimdienst weitergegeben worden. Auch der deutsche Geheimdienst habe Informationen bekommen, hatte Murray gesagt.
Zweifel an angeblicher Unkenntnis der Regierungen
"Es ist schwer zu glauben, dass die Behörden und Regierungen der Länder, über die die meisten Aussagen vorliegen, nicht Bescheid gewusst haben", meinte der Europa-Parlamentarier Fava abschließend.
Am Freitag fliegen Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Mazedonien - dort geht es um den Fall des Deutsch-Libanesen Khalid al Masri. Al Masri behauptet, er sei Ende 2003 von den Amerikanern in Mazedonien verschleppt und nach Afghanistan ausgeflogen worden. Dort habe man ihn monatelang verhört und gefoltert.
CIA-Gefängnisse in Europa?
In den kommenden Monaten will sich der CIA-Untersuchungsausschuss des Europa-Parlaments mit einer anderen Frage beschäftigen: Gab oder gibt es auch in Europa geheime CIA-Gefängnisse, wo Terrorverdächtige verhört werden? "Wenn wir uns die Anzahl der CIA-Flüge ansehen", so der Abgeordnete Fava, "könnte man den Schluss daraus ziehen, dass es auch darum ging, Menschen in Gefängnisse in Europa zu bringen."