EU vertagt Debatte über Kongo-Einsatz Niemand will die Führungsrolle übernehmen
Die Europäische Union steht vor einem unerwarteten Problem: Kein Land will die Führungsrolle bei dem geplanten Kongo-Einsatz übernehmen. Die Debatte über den Einsatz wurde erstmal vertagt. Sehr viel Zeit bleibt für die Vorbereitung aber nicht mehr. Bald stehen Wahlen an, die gesichert werden sollen. Michael Becker berichtet.
Die Europäische Union steht vor einem unerwarteten Problem: Kein Land will die Führungsrolle bei dem geplanten Kongo-Einsatz übernehmen. Die Debatte über den Einsatz wurde erstmal vertagt. Sehr viel Zeit bleibt für die Vorbereitung aber nicht mehr. Bald stehen Wahlen an, die gesichert werden sollen.
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkkorrespondent, z.Zt. Taorima
In Brüssel wird Javier Solana, der außenpolitische Koordinator der EU, langsam nervös. Die EU hat zwar zugesagt, dass sie Soldaten in den Kongo schicken will, nur findet sich niemand, der die Verantwortung für das Unternehmen übernehmen will. In Frage kommen letztlich vor allem drei: die Deutschen, die Franzosen oder die Briten, doch alle winken ab.
Die EU hatte Beobachter in den Kongo geschickt - unter Führung eines deutschen Generals. Sie sollten erkunden, wie die Bedingungen für einen EU-Einsatz im Land wären. Mittlerweile sind sie zurück - jetzt müssen die Ergebnisse ausgewertet werden. Voraussichtlich in der kommenden Woche soll die Entscheidung darüber fallen, wie es weitergeht.
17.000 Blauhelmsoldaten im Kongo
In Berlin hieß es, man warte nun darauf, wie sich Brüssel positioniere. Die Nato hat mit dem Thema Kongo nichts zu tun - es soll eine EU-Truppe sein, die in den Kongo geht. Wie groß sie letztlich sein soll, das steht noch nicht fest. Die Vereinten Nationen haben rund 17.000 Blauhelm-Soldaten im Kongo stationiert. Die EU-Truppe soll als Verstärkung dieses Einsatzes ins Land. Hintergrund sind die Wahlen, die im Kongo stattfinden sollen. Ursprünglich waren sie für Ende April geplant. Mittlerweile sieht es aber so aus, als würden sie erst im Juni stattfinden. Dadurch gewinnen die Europäer etwas Zeit. Es wären die ersten freien Wahlen seit der Unabhängigkeit des Kongo im Jahre 1960.
Das Land ist so groß wie Westeuropa - und die Mission ist nicht ohne Risiko. Der Osten des Kongo wird nach wie vor von Rebellen-Milizen kontrolliert - auch zwei Jahre nach dem Ende des Bürgerkrieges.
Absagen aus vielen Gründen
Großbritannien will die Führung eines EU-Einsatzes nicht übernehmen, weil der Kongo französischsprachig ist, heißt es bei der EU in Brüssel - das Land war früher belgische Kolonie. Die Franzosen wollen nicht, weil sie bereits die erste Kongo-Mission der Europäer im Jahre 2003 angeführt hatten. Damals ging es um die Entwaffnung von Rebellen-Milizen. Deutschland sei grundsätzlich bereit, sich zu beteiligen, meint Verteidigungsminister Jung - aber eben nicht als Hauptverantwortlicher.
Die Bundesregierung will angeblich auch vermeiden, dass deutsche Kampftruppen in den Kongo gehen. Vielmehr sollen sie sich auf logistische Aufgaben beschränken, wie den Lufttransport, oder das Entsenden von Sanitäts- und Pioniertruppen. Deutsche, Briten und Franzosen werden sich vor allem einigen müssen, wer die Führung übernimmt - viel Zeit bleibt nicht mehr.