"Operation Condor" Terror im Namen des Staates
Seit Dezember 1992 liegen mehrere Tonnen Dokumente vor, die Zeugnis von einem der schmutzigsten Kriege der südamerikanischen Diktaturen gegen die eigene Bevölkerung ablegen: die "Operation Condor". Unter diesem Decknamen folterten und ermordeten in den 70er und 80er Jahren die Militärregierungen von Argentinien, Chile, Paraguay, Uruguay, Bolivien und Brasilien mit Billigung der USA tausende Lateinamerikaner. Das Ziel: Ausschaltung von Regimegegnern und Kampf gegen die "internationale terroristische Aggression", wie es in einem Dokument der argentinischen Präsidentschaft vom 18. September 1979 heißt.
Durch Zufall entdeckte Martin Almada, Universitätsprofessor für Menschenrechte und Opfer der Diktatur Alfred Stroessners, im Dezember 1992 in einer Polizeistation im paraguayischen Lambaré das "Archiv des Schreckens": detaillierte Berichte über Folterungen, Pässe von "verschwundenen" Regimegegnern aus verschiedenen Ländern Südamerikas, abgefangene Briefe. Am 13. November 2000 wurden die bis dahin als geheim eingestuften CIA-Dokumenten frei gegeben. Seither ist eine Rekonstruktion der kriminellen Machenschaften der Diktaturen Lateinamerikas möglich.
Was wusste Henry Kissinger?
Der Plan "Condor" soll Ende 1975 vom damaligen chilenischen Geheimdienstchef Manuel Contreras auf einer Sitzung mit Vertretern anderer südamerikanischer Diktaturen in Santiago de Chile vorgestellt worden sein. An dem Plan waren auch die US-Geheimdienste CIA und FBI beteiligt. Die in den USA freigegebene Dokumente legen die Vermutung nahe, dass Präsident Richard Nixons Sicherheitsberater Henry Kissinger über das von der CIA unterstützte Netz Bescheid wusste. Kissinger wurde 1973, nur wenige Tage nach dem Putsch des chilenischen Generals Augusto Pinochet, US-Außenminister und sah in dem General offenbar einen Verbündeten im Kampf gegen den Kommunismus.
Tausende ermordet, gefoltert und verschwunden
Den Dokumenten zufolge arbeitete das FBI mit den Militärregierungen zusammen und stellte ihnen technische Hilfsmittel für den Informationsaustausch zur Verfügung. Es gab Trainingskurse für Spionage und Spionageabwehr, Subversion und Terrorismus. In einem Dokument heißt es, "Operation Condor ist ein Schlüsselwort für das Sammeln und Austauschen von Informationen über so genannte Linke, Kommunisten oder Marxisten". Neben linken Oppositionellen und Priestern zählten dazu für die Militärregierungen auch Menschenrechtsorganisationen.
Als Opfer der "Operation Condor" wurden bislang nur einige hundert nachgewiesen. Doch die Bilanz der lateinamerikanischen Repressionspolitik ist nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen weitaus höher: Etwa 50.000 Ermordete, 35.0000 Verschwundene und 400.000 Gefangene.