Internationale Reaktionen Geteiltes Echo auf Saddams Hinrichtung
Nach dem Tod von Saddam Hussein haben mehrere EU-Staaten ihre prinzipielle Ablehnung der Todesstrafe bekräftigt. EU-Kommissar Michel erklärte, sie sei mit "einer Demokratie nicht vereinbar". US-Präsident Bush sowie der irakische Regierungschef al-Maliki begrüßten dagegen die Hinrichtung. Russland warnte vor einer Verschärfung der Lage im Irak.
US-Präsident George W. Bush hat die Hinrichtung von Saddam Hussein begrüßt. Sie sei das Ergebnis eines fairen Prozesses, wie ihn der irakische Ex-Staatschef "den Opfern seines brutalen Regimes" vorenthalten habe. Bush sprach auf seiner Ranch in Texas von einem "Meilenstein auf dem irakischen Weg zur Demokratie". In Washington teilte das Pentagon mit, dass die US-Truppen im Irak auf gewaltsame Reaktionen nach der Hinrichtung vorbereitet seien.
Auch der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki begrüßte die Hinrichtung. "Saddams Exekution macht allen erbärmlichen Gedankenspielen über eine Rückkehr zur Diktatur ein Ende", erklärte der Regierungschef in Bagdad. Er appellierte zugleich an die Anhänger Saddams, ihre Haltung zu überdenken und beim Wiederaufbau des Iraks zu helfen.
Australien bezeichnete den Tod von Saddam als "wichtigen Schritt" auf dem Weg zu einer historischen Beurteilung seines "tyrannischen Regimes". Jetzt könne der Prozess der Versöhnung fortgesetzt werden, sagte Australiens Außenminister Alexander Downer.
"Todesstrafe ist mit einer Demokratie nicht vereinbar"
In Europa wurde die Nachricht von der Hinrichtung überwiegend zurückhaltend bis ablehnend kommentiert. "Man kann Barbarei nicht mit Mitteln bekämpfen, die genauso barbarisch sind", sagte der Entwicklungshilfekommissar der Europäischen Union, Louis Michel. "Die Todesstrafe ist mit einer Demokratie nicht vereinbar." Überdies verdiene es Saddam nicht, zu einem Märtyrer zu werden.
Die Bundesregierung bekräftigte ihre grundsätzliche Ablehnung der Todesstrafe, betonte aber auch, an den Verbrechen Saddams könne kein Zweifel bestehen. "Wir respektieren dieses Urteil, aber es ist bekannt, dass die Bundesregierung gegen die Todesstrafe ist", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie sei mit ihren Gedanken an diesem Tag vor allem bei den vielen unschuldigen Opfern Saddam Husseins. "Und ich wünsche dem irakischen Volk, dass es seien Weg ohne Gewalt und in Frieden gehen kann", fügte sie hinzu.
Auch die britische Regierung kritisierte die Hinrichtung aus prinzipiellen Gründen. "Wir treten für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ein, unabhängig von dem jeweiligen Verbrechen", erklärte Außenministerin Margaret Beckett. Großbritannien habe seine Ablehnung der Todesstrafe "der irakischen Regierung sehr deutlich klar gemacht, allerdings respektieren wir deren Position", erklärte die Ministerin. Ein Sprecher von Premierminister Tony Blair, der zurzeit in Florida Urlaub macht, sagte später, die Außenministerin habe die Haltung der gesamten britische Regierung zum Ausdruck gebracht.
Frankreich nahm die Hinrichtung "zur Kenntnis" und rief alle Iraker dazu auf, "in die Zukunft zu blicken und an der Versöhnung und der nationalen Einheit zu arbeiten." Das französische Außenministerium betonte in einer Stellungnahme, dass Paris wie alle seine europäischen Partner für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe eintrete. Die Entscheidung habe jedoch beim irakischen Volk und der politischen Führung des Landes gelegen. "Mehr denn je muss das Ziel jetzt die Rückkehr zur vollen Souveränität und zur Stabilität des Landes sein".
Trauer in Libyen und den Palästinensergebieten
Moskau warnte vor einer weiteren Verschärfung der Lage im Irak. Gleichzeitig bedauerte ein Sprecher des russischen Außenministeriums, dass die internationalen Bitten um eine Aussetzung der Hinrichtung ungehört verhallt seien. "Russland ist wie viele andere Länder prinzipiell gegen die Todesstrafe, aus welchen Motiven diese auch verhängt worden sein mag", hieß es in der Stellungnahme.
Libyen rief eine dreitägige Trauerzeit aus. Die Regierung von Muammar al Gaddafi sagte alle Feierlichkeiten zum islamischen Opferfest ab und ordnete an, die Flaggen auf Regierungsgebäuden auf Halbmast zu hängen. Staatschef Gaddafi hatte am Freitag in einem Interview mit dem Fernsehsender Al Dschasira den Prozess gegen Saddam Hussein als illegal bezeichnet.
In den palästinensischen Gebieten löste die Nachricht Trauer aus. Dort wurde Saddam als Kämpfer für die palästinensische Sache gesehen. Der palästinensische Arbeitsminister Mohammed Barghuti sagte, seine islamische Hamas-Bewegung sei mit dem säkularen Präsidenten oft nicht einer Meinung gewesen, doch sei seine Hinrichtung falsch und die Palästinenser seien den Irakern in Brüderlichkeit verbunden. In Bethlehem wurde ein Kondolenzhaus mit irakischen Flaggen und Bildern von Saddam ausgelegt. Saddam Hussein hatte die Familien von palästinensischen Selbstmordattentätern finanziell unterstützt.
Vatikan und HRW verurteilen Vollstreckung
Der Vatikan bezeichnete es als tragisch, dass der frühere irakische Präsident gehängt worden sei. Dieser Schritt werde nicht dabei helfen, die irakische Gesellschaft zu versöhnen oder ihr Gerechtigkeit zu verschaffen, sagte Sprecher Frederico Lombardi. Möglicherweise werde es jetzt zu einem weiteren Anstieg der Gewalt im Irak kommen, so Lombardi weiter.
Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch verurteilte die Hinrichtung. Saddam sei verantwortlich für zahlreiche schreckliche Verletzungen der Menschenrechte, die trotz ihrer Brutalität aber keine Hinrichtung rechtfertigten, erklärte Richard Dicker von Human Rights Watch in Bagdad. Die Todesstrafe sei grausam und unmenschlich. Die Achtung einer Regierung für die Menschenrechte sei an ihrem Umgang mit jenen zu erkennen, die diese am schwersten verletzt hätten.