Kandidaten für Tory-Vorsitz Aus zehn mach drei
Die Zahl der potenziellen neuen Parteichefs der Tories hat sich erneut reduziert. Von den ursprünglich zehn Bewerbern sind noch drei übrig. Ein Überblick.
Boris Johnson
Von Beginn an stand der heute 54-Jährige an der Spitze der Brexit-Befürworter - und kann sich daher des Rückhalts der Hardliner unter den Konservativen relativ gewiss sein. Auch sein Streben, selbst in die Downing Street Nummer 10 einzuziehen, ist keine Überraschung. Im ersten Wahlgang unter den Tory-Abgeordneten im Unterhaus wurde seine Favoritenrolle klar bestätigt: Er erhielt 114 von 313 Stimmen.
Politische Erfahrung bringt Johnson genug mit: Nach seiner Ausbildung im Internat Eton und dem Studium in Oxford arbeitete er zunächst als Journalist, unter anderem für den "Daily Telegraph".
2008 wurde Johnson dann zum Bürgermeister von London gewählt, acht Jahre lang behielt er das Amt inne. Anschließend wurde er in Mays erstem Kabinett Außenminister. Seinen Posten gab er schließlich auf - aus Protest gegen Mays Brexit-Kurs.
Als Politiker zeichnete Johnson sich unter anderem durch seine Direktheit aus, teils mit Hieben unter der Gürtellinie. Hillary Clinton etwa betitelte er einst als "sadistische Krankenschwester", dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan dichtete er Sex mit einer Ziege an.
Doch trotz aller Fehltritte - für die Tories könnte Johnson der Favorit sein, der vergraulte und enttäusche Brexit-Wähler am ehesten wieder an die Partei binden könnte.
Boris Johnson hat sowohl als Bürgermeitser Londons als auch als Außenminister selten ein Blatt vor den Mund genommen.
Jeremy Hunt
Einst ein Brexit-Gegner, steht der 52-Jährige heute hinter dem EU-Austritt. Einige munkeln, die Kehrtwende habe nur dafür gedient, irgendwann den Hut für das Amt als Premier in den Ring werfen zu können.
Nach fast sechs Jahren als Gesundheitsminister folgte er 2018 Boris Johnson auf den Posten des Außenministers.
Hunt kommt aus wohlhabendem Hause, besuchte eine angesehene Schule und studierte in Oxford - eine typisch britische Politiker-Karriere. Der verheiratete Vater eines Sohnes und zweier Töchter sitzt seit 2005 als Konservativer im britischen Unterhaus.
Als Außenminister musste Hunt bereits einiges an Kritik einstecken. Es gelang ihm, die europäischen Verbündeten mit ähnlich provokativen Stellungnahmen gegen sich aufzubringen wie sein Vorgänger Boris Johnson. Bei einer Parteitagsrede verglich er die EU mit der Sowjetunion. Vor allem aus den osteuropäischen Mitgliedsstaaten handelte er sich damit wütende Reaktionen ein.
Hunt kann auf Unterstützung aus den USA zählen: Trump sagte bei seinem Großbritannien-Besuch, Hunt würde als britischer Regierungschef "sehr gute Arbeit" machen. Bei der ersten Abstimmung für den neuen Parteichef landete Hunt auf Platz zwei - allerdings mit 43 Stimmen klar abgeschlagen hinter Johnson.
Erst gegen, dann für den Brexit: Jeremy Hunt.
Michael Gove
Er hatte schon einmal versucht, Premier zu werden - 2016, nach dem Rücktritt von David Cameron. Damals kam ihm May in die Quere.
Unter Cameron war Gove jahrelang Bildungsminister, bis der damalige Premier seinen engen Vertrauten und Paten des eigenen Sohnes vom Amt abziehen musste. Im Streit um höhere Pensionen hatte sich Gove zum Buhmann der Lehrerschaft gemacht, bis er schließlich für das Bildungsressort nicht mehr tragbar schien.
2016 dann der nächste Schlag für Cameron: Gove stellte sich konträr zum Kurs des langjährigen Freundes und an die Seite von Boris Johnson im Werben um den EU-Austritt.
May machte Gove im Juni 2017 zum Umweltminister, wo er mit einer Reihe umweltfreundlicher Ankündigungen in den Schlagzeilen blieb. Gove gilt als bestens vernetzt, nicht nur im britischen Parlament, sondern auch bei den Mächtigen in der Welt der Medien.
Für Michael Gove ist es nicht der erste Versuch, Premierminister zu werden.
Diese Kandidaten sind raus
Ausgeschieden sind bisher folgende Kandidaten: Innenminister Sajid Javid, Entwicklungsminister Rory Stewart, der ehemalige Brexit-Minister Dominic Raab, die frühere Vorsitzende des Unterhauses, Andrea Leadsom, die ehemalige Arbeitsministerin Esther McVey und der EU-freundliche Abgeordnete Mark Harper. Auch Gesundheitsminister Matt Hancock ist nicht mehr dabei. Er zog sich aus dem Rennen zurück.