Brexit-Debatte Mays verzweifeltes Werben
Sie hatte einen "kühnen" Plan angekündigt, doch nicht nur die Opposition scheint von Mays neuem Brexit-Vorschlag wenig zu halten. Die Rücktrittsforderungen werden immer lauter.
Die britische Premierministerin Theresa May hat ihre jüngsten Pläne für den EU-Austritt im britischen Parlament verteidigt. "Wir müssen den Brexit durchziehen", sagte May. Doch die Rücktrittsforderungen werden immer lauter.
May will ihren bereits drei Mal vom Parlament abgelehnten Brexit-Deal den Abgeordneten Anfang Juni im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens ein viertes Mal vorlegen. Dafür kündigte sie Zugeständnisse an die Opposition und die Brexit-Hardliner an. Unter anderem stellte sie eine Abstimmung darüber in Aussicht, ob es eine Volksabstimmung über ihr Austrittsabkommen geben soll. Den Gesetzentwurf will sie bereits morgen veröffentlichen.
"Neu verpackte Version"
Oppositionschef Jeremy Corbyn bezeichnete Mays Vorschläge als "wenig mehr als eine neu verpackte Version" des bereits mehrfach abgelehnten Abkommens. Zudem könne May nicht dafür garantieren, dass sich ihr Nachfolger an ihre Versprechungen halten werde. May habe nur noch Tage im Amt, prophezeite Corbyn. "Es ist klar, dass kein Zugeständnis die Wahl des anstehenden Tory-Partiechefs überstehen würde." Er forderte eine Neuwahl.
Auch in Mays eigenen Reihen werden die Rücktrittsforderungen immer lauter. "Wir können es nicht weiter ertragen", sagte Nigel Evans vom einflussreichen 1922-Ausschuss der Konservativen Partei der Zeitung "Sun".
Er verlangte ein sofortiges Misstrauensvotum gegen May, "wenn sie nicht zurücktritt - jetzt". Brexit-Wortführer und Umweltminister Michael Gove deutete angesichts des innerparteilichen Widerstands im Rundfunksender BBC einen Aufschub der Abstimmung über Mays neuesten Vorschlag an.
Ex-Außenminister Boris Johnson kündigt ein "Nein" an.
Johnson kündigt "Nein" an
Ex-Außenminister Boris Johnson, der May den Vorsitz der Konservativen Partei und damit den Job als Regierungschefin streitig machen will, kündigte - wie zahlreiche andere Abgeordnete - ein "Nein" bei der Abstimmung an. "Wir können und müssen es besser machen", schrieb Johnson auf Twitter.
Im Falle eines Rücktritts oder einer Abwahl Mays müssten die Konservativen einen neuen Parteichef wählen, der dann auch das Amt des Regierungschefs einnehmen würde. May hat bereits zugestimmt, einen Zeitplan dafür nach der Abstimmung über ihren Brexit-Gesetzentwurf vorzulegen.
Beschleunigt werden könnte ihr Sturz, sollten die Konservativen bei der Europawahl, die morgen in Großbritannien stattfindet, stärker als erwartet abgestraft werden. Die Ergebnisse werden erst am Sonntag veröffentlicht. Die Umfragen deuten auf einen Erdrutschsieg für die Brexit-Partei von Nigel Farage hin.
Nichts ändern würde ein Führungswechsel aber an den knappen Mehrheitsverhältnissen im Parlament. Eine Neuwahl gilt daher für den Fall, dass May stürzt, als wahrscheinlich. Fraglich ist, ob sich eine der großen Parteien dabei eine absolute Mehrheit sichern könnte. Sollte es weder für eine Tory- noch für eine Labourregierung reichen, gäbe es möglicherweise weiterhin keinen Ausweg aus der Brexit-Sackgasse.