Martin Schulz im Porträt Hartnäckig und streitbar
Die Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) ziehen mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz an der Spitze in die Europawahl im Mai. Der deutsche SPD-Politiker war der einzige Bewerber für die Spitzenkandidatur. Wer ist der Mann, den die Europäischen Sozialdemokraten mit 368 Stimmen bei 2 Gegenstimmen und 34 Enthaltungen wählten?
Der Mann ist streitbar, ohne Frage. Martin Schulz ist bekannt für seine offenen Worte, die eigene Sicht der Dinge auszusprechen, selbst wenn es heikel werden könnte. So war es kürzlich in Israel, als er in der Knesset die Wasserverteilung zwischen Israelis und Palästinensern ansprach und damit einen kleinen Tumult auslöste. So war es auch im Dauerstreit mit dem Europäischen Rat um die künftige Finanzierung der EU und so ist es derzeit wieder im Ringen um das geplante Gesetz zur Bankenabwicklung.
Schulz gibt sich stets hartnäckig, beißt sich fest, was ihm Italiens Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi bereits vor Jahren äußerst übel nahm. "Herr Schulz, ich weiß, dass es in Italien einen Produzenten gibt, der einen Film über Nazi-Konzentrationslager dreht", holte Berlusconi damals aus. "Ich werde Sie für die Rolle des Kapo empfehlen. Sie sind perfekt!"
Eigentlich wollte er Fußballer werden
Die berühmt-berüchtigte Entgleisung Berlusconis machte Schulz erst richtig bekannt. Das war 2003. Damals saß der gelernte Buchhändler, der ursprünglich einmal Fußballer werden wollte und dann Bürgermeister seiner Heimatstadt Würselen bei Aachen wurde, bereits seit fünf Jahren im EU-Parlament. Erst war er einfacher Abgeordneter, dann stieg er auf zum Vorsitzenden der deutschen Sozialdemokraten. Vor zwei Jahren folgte dann der Sprung an die Spitze des Europäischen Parlaments.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde aus dem manchmal etwas grob wirkenden Politiker ein echter Politpromi und gern gesehener Gast in jeder Talkshow. Heute zollt ihm auch die politische Konkurrenz Respekt: "Er hat dem Parlament eine größere Sichtbarkeit gegeben und er hat das Amt des Parlamentspräsidenten neu profiliert", sagt die grüne Europaabgeordnete Rebbecca Harms. Trotzdem hat sie noch genügend auszusetzen an Schulz. Zum Beispiel, dass er immer noch in Amt und Würden ist, obwohl er für seine Spitzenkandidatur seit Monaten die Werbetrommel rühre.
CDU spricht von "Krönungsmesse"
Das erbost auch den CDU-Europaparlamentarier Herbert Reul, der mit Blick auf die Kandidatenkür an diesem Wochenende ohnehin einen etwas autokratischen Stil an Schulz zu erkennen glaubt. "Das wird bestimmt eine Krönungsmesse werden", sagt er. Bei den Sozialdemokraten gebe es ja keine demokratische Streitkultur. "Bei uns wird gestritten und bis zum Schluss gerungen, wer der beste Kandidat ist. Bei den Sozialdemokraten hat Herr Schulz schon vor Monaten erklärt, er ist es, er bleibt es und er wird es."
Von dieser Kritik lässt sich Schulz nicht beeindrucken. Sein Entschluss zu kandidieren und gleichzeitig mit der Spitzenkandidatur auch das Amt des Kommissionspräsidenten anzustreben, steht seit langem fest. Schon aus Überzeugung, denn mit dem Vertrag von Lissabon hat das Parlament deutlich mehr Rechte bei der Besetzung dieses höchsten europäischen Postens gewonnen.
Schulz also möglicherweise bald als Präsident der Kommission im Einsatz? Das wäre vielleicht sogar etwas, was der Linkspartei oder zumindest ihrer Vorsitzenden im EU-Parlament, Gabi Zimmer, gefallen könnte: "Politik verändert Menschen, auch in bestimmten Funktionen. Wenn er seine Geradlinigkeit beibehalten könnte, wäre das schon ein Gewinn für die Kommission. Aber, ob das ausreicht, dass wir ihn wählen, weiß ich noch nicht."