Beratungen der EU-Außenminster EU-Militärausbilder sollen Malis Armee unterstützen
Die EU will der malischen Armee helfen - zwar nicht mit einem Kampfeinsatz gegen Islamisten und Terroristen, sondern mit einer besseren Ausbildung ihrer Streitkräfte. Dabei hat ausgerechnet Mali früher viel Unterstützung im Anti-Terror-Kampf bekommen - doch ohne Erfolg. Heute beraten die EU-Außenminister in Brüssel über einen Einsatz der Militärausbilder.
Von Hendrik Buhrs, ARD-Hörfunkstudio Rabat
Schlechte Moral, schlechte Ausrüstung - eine "sehr verfallene Armee" sei das, sagte General François Lecointre und sprach damit über die Streitkräfte von Mali. Nicht sehr diplomatische, aber wohl zutreffende Worte. Der französische General ist Chef der EU-Ausbildungsmission, die etwa 450 Personen umfassen soll. Auch Deutschland beteiligt sich daran.
Aber während für die EU-Ausbilder noch die Vorbereitungen laufen, steckt der Norden Malis, das frühere Islamistengebiet, schon seit Wochen im Krieg. Den Vorwurf, zu spät dran zu sein mit der Ausbildung, weist Richard Zink, der EU-Chefdiplomat in Mali, trotzdem zurück: "Für EU-Verhältnisse ist das eine sehr schnelle Mission. Noch mal: Das ist ja kein Kampfeinsatz, sondern das ist ein Einsatz, ein Ausbildungseinsatz. Und Anfang März wird diese Ausbildung anlaufen, wobei die zweite Komponente, Beratung der Militärführung in Organisationsfragen und Strukturfragen, bereits im Februar anläuft."
Somalia-Mission gilt als Vorbild
Erfahrung mit der Ausbildung in Afrika hat die EU schon. Eine vergleichbare Mission in Somalia soll Vorbild für den Mali-Einsatz sein, erklärt der EU-Delegationschef Zink: "Die EU hat in den letzten beiden Jahren mit viel Erfolg mitgeholfen, die somalische Armee wieder aufzubauen. Und nach allen Informationen war das eines der erfolgreichsten Vorhaben, das wir haben."
Allerdings: Ob sich der Erfolg aus Somalia wirklich in Mali kopieren lässt, daran kann man zweifeln. Denn in Mali hat es in der Vergangenheit längst Unterstützung für die Armee gegeben. Aus Europa und den USA kamen Ausbilder ins Land, um zu helfen.
Einige Ausgebildete desertierten
Besonders in Erinnerung blieb eine Mission amerikanischer Soldaten. Rund um die Stadt Timbuktu bildeten sie malische Kollegen in Terrorismusbekämpfung aus. Über das, was dabei herauskam, kann Professor Modibo Goita, Dozent an der Schule für Friedenssicherung in Bamako, nur die Augenbrauen runzeln: "Die sind desertiert, aus meiner Sicht mit mehr als 80 Leuten. Das sind die, die extra von den Amerikanern im Anti-Terrorismuskampf ausgebildet worden sind. Waffen und Gepäck haben sie mitgenommen."
Und besonders pikant: Die diplomierten Desertierten liefen quasi zur Gegenseite über, zu den Tuareg-Rebellen der MNLA. Die hatten Anfang 2012 den Kampf gegen die Regierungstruppen in Nordmali aufgenommen, um dort einen eigenen Staat zu schaffen. In der Stadt Aguelhok sollen sie vor rund einem Jahr ein sehr blutiges Massaker an malischen Soldaten angerichtet haben.
Beispiel für gescheiterte Integration
Professor Goita fällt eine Erklärung dafür schwer, er vermutet ein Beispiel für die gescheiterte nationale Integration. Denn die Tuareg fühlen sich in Mali benachteiligt. Nach zwei Rebellionen wollte man das Wüstenvolk besser in den gesamtmalischen Staat einbinden. Viele Tuareg wurden in die Armee aufgenommen, obwohl ihnen die formelle Ausbildung fehlte: "Das ist alles geschehen, um auf nationaler Ebene Versöhnung zu schaffen. Über die Armee hieß es immer, dass die Bambara und somit die Schwarzen sie dominieren. Man wollte ein anderes Beispiel geben."
Bei der mangelhaften Kameradschaft zwischen den Volksgruppen enden die Probleme aber nicht. Keiner weiß, wie viele Soldaten es überhaupt genau gibt. Schätzungen gehen von 4000 bis 6000 aus. Überprüfen lässt sich das nicht.
Armeemitgliedschaft aus finanziellen Gründen
Seit dem Putsch vom März 2012 gilt die Armee außerdem als gespalten. Denn nicht alle Soldaten fanden das Vorgehen des Putschistenführers Sanogo in Ordnung. Sie werfen ihm vor, die Teilung Malis begünstigt zu haben.
Für Panya Harivongs, einen französischen Offizier, der über ein Jahr in Mali gearbeitet hat, gibt es aber noch eine Schwierigkeit: "In vielen afrikanischen Ländern geht man zur Armee, nicht weil man das gerne machen will, sondern um einen Funktionärsposten zu kriegen und jeden Monat regelmäßiges Geld. Mit der Motivation ist es da nicht weit her. Und hier in Mali ist noch die Disziplin ein besonderes Problem."
Das habe in den vergangenen Jahren kaum jemanden gestört, so Harivongs. Ohnehin hätten Soldaten, wenn nicht gerade Krieg ist, in Afrika oft einen schweren Stand, findet der Franzose. "Ich denke, wie in vielen anderen afrikanischen Ländern auch, hat der Staatschef andere Prioritäten. Er stattet etwa die Garde aus, die für seine Sicherheit sorgt. Aber die Ausbildung der regulären Armee vernachlässigt er."
Schlecht ausgestattete Armee ist Risiko
Durch den Krieg im Norden könnte in Mali nun aber ein Umdenken stattfinden. Dass eine schlecht ausgestattete Armee zu einem großen Risiko werden kann, ist im vergangenen Jahr mehr als deutlich geworden. Darauf baut auch EU-Delegationschef Richard Zink: "Die Malier sind ja auch inzwischen, und das ist auch ein anderes Element als oftmals in anderen Ländern, sehr offen für Unterstützung, weil auch vollkommen klar ist, dass so wie es war, es nicht weiter gehen kann. Und das ist ja auch eine Chance für uns."