Filmfestival Locarno Goldener Leopard für "Toxic" aus Litauen
Das Kinoland Litauen ist der große Gewinner beim 77. Filmfestival von Locarno in der Schweiz. Gleich zwei litauische Filme räumten ab. Prämiert wurden Geschichten über junge und starke Frauen.
Der Goldene Leopard, Hauptpreis des Filmfestivals von Locarno, ging in diesem Jahr an "Toxic" - den Debütfilm der litauischen Regisseurin Saulé Bliuvaité. In der Trost- und Perspektivlosigkeit einer heruntergekommenen Industriestadt folgt der Film zwei 13-jährigen Mädchen, Marija und Kristina, die der Tristesse entkommen wollen. Sie träumen von einer Modelkarriere.
Toxisch sind in "Toxic" vor allem die Schönheitsideale. Die beiden jungen Mädchen quälen ihre Körper aufs Extremste, unter anderem mit Bandwürmern, die sie im Darknet bestellen. Ihr Ziel ist es, maximal mager zu werden.
Der beeindruckende Film über den zerstörerischen Schönheitswahn junger Mädchen gewann zudem einen Preis als bestes Debüt - den "Swatch First Feature Award". Die erst 30-jährige Regisseurin Bliuvaité widmete ihn ihren jungen Hauptdarstellerinnen.
Doppelte Auszeichnung für "Drowning Dry"
Doppelt ausgezeichnet wurde auch der zweite litauische Film im internationalen Wettbewerb: "Drowning Dry" - "Trockenes Ertrinken". Der Film erzählt raffiniert fragmentarisch von zwei jungen Müttern, deren Leben sich in einem Familienurlaub am See radikal verändert.
Dafür gab es nicht nur den Preis für die beste Regie an Laurynas Bareisa. Seine vier Hauptdarsteller wurden zudem gemeinsam als beste Schauspielerinnen und Schauspieler ausgezeichnet. Und die nutzten die Preisverleihung in Locarno auch für einen politischen Appell:
"Meine Freude ist zwiespältig", sagte Preisträger Paulius Markevicius. Denn er stehe hier für Millionen Menschen in Nordeuropa, die zusammen an der Seite der Ukraine und den Menschen dort stünden, die diese schreckliche Invasion erlebten. "Lang lebe das Kino - und die Menschen, die daran glauben, dass Menschlichkeit nicht nur im Kino existiert!"
"Mond" gewinnt Spezialpreis der Jury
Eine weitere wichtige Auszeichnung, der Spezialpreis der Jury, ging an eine junge Regisseurin aus Österreich - die 1990 im Irak geborene Kurdwin Ayub für ihren Spielfilm "Mond". Auch hier stehen junge Frauen im Mittelpunkt - eine österreichische Kampfsportlerin, die als Trainerin für die Töchter einer reichen jordanischen Familie engagiert wird.
Starke Frauen also, sowohl vor als auch hinter der Kamera, werden von den 77. Filmfestspielen in Locarno in Erinnerung bleiben - und eine Entdeckung: das Filmland Litauen.