Druck auf Libyens Machthaber Rufe nach Flugverbotszone werden lauter
Die internationale Gemeinschaft erhöht den Druck auf Libyens Machthaber Gaddafi: US-Präsident Obama und der britische Regierungschef Cameron spielten alle Optionen durch - bis hin zu einer Flugverbotszone. Auch EU-Parlamentarier forderten eine rasche Entscheidung über ein Flugverbot.
Angesichts der Gewalt in Libyen haben US-Präsident Barack Obama und der britische Premierminister David Cameron vereinbart, sich auf das "volle Spektrum möglicher Reaktionen" einzustellen. Wie das Weiße Haus nach einem Telefongespräch der beiden Regierungschefs mitteilte, werden neben humanitärer Hilfe auch ein Waffenembargo und eine Flugverbotszone weiterhin in Erwägung gezogen.
Wichtigstes Ziel sei, "so schnell wie möglich" der Gewalt im Land ein Ende zu bereiten und die Entmachtung von Staatschef Muammar al Gaddafi herbeizuführen. Allerdings unterstrich die US-Regierung, dass die Ermächtigung für die Einrichtung einer Flugverbotszone vom Sicherheitsrat bei den Vereinten Nationen kommen müsse. "Wir denken, dass es wichtig ist, dass die Vereinten Nationen die Entscheidung treffen - nicht die Vereinigten Staaten", sagte US-Außenministerin Hillary Clinton dem britischen Fernsehsender Sky News. Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle betonte erneut, "zwingend erforderlich" für eine Flugverbotszone sei ein Mandat der Vereinten Nationen und ein Einvernehmen mit der Arabischen Liga. Im Tagestehmen-Interview hatte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärt, das Bündnis sei "auf alle Eventualitäten" vorbereitet.
Thema soll in den UN-Sicherheitsrat
Die Regierungen in Paris und London wollen noch in dieser Woche einen Resolutionsentwurf für eine Flugverbotszone in den UN-Sicherheitsrat einbringen. Russland sieht eine internationale Militäraktion in Libyen bislang sehr kritisch. Am heutigen Mittwoch wird US-Vizepräsident Joe Biden zu Gesprächen mit Kreml-Chef Dimitri Medwedew in Moskau erwartet. Die USA und Großbritannien haben neben China, Frankreich und Russland ein Vetorecht im Weltsicherheitsrat.
Schulz: "Gaddafi ist ein Mörder und Verbrecher"
Auch im Europaparlament sprachen sich die Vertreter aller maßgeblichen Parteien für eine Flugverbotszone aus. Bei der Debatte in Straßburg verlangten vor allem Abgeordnete von Sozialisten, Liberalen und Grünen eine rasche Entscheidung in dieser Frage. "Gaddafi ist ein Mörder und Verbrecher, der vor ein internationales Strafgericht gehört", sagte der SPD-Abgeordnete Martin Schulz, der Fraktionsführer der Sozialisten.
"Wir müssen schnellstmöglich eine Flugverbotszone bekommen, damit die Oppositionsstädte nicht mehr bombardiert werden", sagte der ehemalige belgische Regierungschef Guy Verhofstadt im Namen der Liberalen. Für die Christdemokraten sagte Elmar Brok, notfalls müsse der Beschluss ohne Russland gefällt werden - falls Russland sein Veto im Sicherheitsrat einlege.
Zahlreiche Parlamentarier drängten die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, eine klare Position zugunsten der Gaddafi-Gegner zu beziehen. "Die Anerkennung einer libyschen Übergangsregierung kann nur vom Europäischen Rat kommen", verteidigte sich die Politikerin. Ihr Mandat reiche dafür nicht aus. Ihre Dienste arbeiteten aber bereits an einem möglichen Militäreinsatz zur Unterstützung von Evakuierungen und Hilfsmaßnahmen für die Menschen".
Libyscher General landet in Ägypten
Auf dem Flughafen von Kairo landete ein libyscher Regierungsvertreter und enger Vertrauter Gaddafis. Das teilte ein Verantwortlicher des Flughafens mit. Demnach handelt es sich um General Abdelrahman el Sawi, der unter anderem für Logistikfragen verantwortlich ist. Der Grund für den Aufenthalt ist nicht bekannt. Der Mitarbeiter des Flughafens bestätigte Berichte, wonach das Flugzeug auf seinem Weg nach Ägypten auch griechischen Luftraum durchquert hatte. Mitarbeiter der libyschen Botschaft bestätigten den Besuch von Generalmajor al Sawi. Er überbringe eine Botschaft von Gaddafi.
Dieser äußerte sich derweil erneut im libyschen Staatsfernsehen. Unter anderem warnte er den Westen vor einer Verhängung eines Flugstopps über Libyen. In einem solchen Fall werde sein Volk zu den Waffen greifen, sagte er.
EU plant schärfere Sanktionen
Vertreter der 27 EU-Mitgliedsländer hatten sich am gestrigen Dienstag darauf verständigt, das Vermögen von fünf libyschen Finanzunternehmen einzufrieren. Betroffen ist nach Angaben von EU-Diplomaten unter anderem die Libysche Investment Behörde (LIA). Luxemburg reagierte umgehend: Konten der libyschen Zentralbank und des Staatsfonds LIA seien gesperrt worden, teilte Finanzminister Luc Frieden mit. Auf den Konten liegen laut seinem Ministerium weniger als eine Milliarde Euro. LIA ist an Firmen in mehreren EU-Staaten und in den USA beteiligt und hat ein Volumen von umgerechnet rund 50 Milliarden Euro. Er besitzt Beteiligungen in vielen Branchen - unter anderem an der UniCredit, dem Mutterkonzern der HypoVereinsbank, und am Autobauer Fiat. Der Fonds verwaltet zudem die milliardenschweren Einnahmen Libyens aus dem Ölgeschäft und ist Teilhaber des italienischen Traditionsfußballklubs Juventus Turin sowie des italienischen Rüstungs- und Luftfahrtkonzerns Finmeccanica.
"Strohmann" Gaddafis auf EU-Liste gesetzt
Wie die EU-Kommission weiter mitteilte, wurde der österreichische Staatsbürger Mustafa Zarti einer Liste von bisher 26 Führungspersonen um den libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi hinzugefügt. In Folge dessen wird auch sein Vermögen eingefroren. Da der als "Strohmann" Gaddafis geltende Zarti einen EU-Pass hat, darf er sich - anders als die 26 anderen - jedoch in der EU aufhalten. Die neuen Sanktionen sollen am Freitag auf einem Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs offiziell beschlossen werden.