Katastrophale Lage auf Lesbos Stau vor dem Hotspot
Täglich erreichen Tausende Flüchtlinge die griechische Insel Lesbos. Das Registrierzentrum beim Dorf Moria ist völlig überlastet. Seit Tagen harren die Menschen daher vor dem Gelände aus - im Regen und Schlamm.
Tumult vor dem Zaun von Moria. Die Menschen, von denen viele seit Tagen im Dauerregen warten, drängen auf das Tor zu. Einige der Flüchtlinge haben sich mit Stöcken bewaffnet und halten die anderen auf Abstand. Hinter dem Zaun stehen griechische Polizisten mit Helmen und Schilden - und greifen nicht ein.
Die Nerven der Menschen vor dem Hotspot sind aufs Äußerste gespannt, viele haben keine trockene Faser mehr am Leib, so wie Mohammed aus Afghanistan und seine Freunde. Aus schwarzen Mülltüten haben sie sich Regenumhänge gebastelt, auch auf dem Kopf tragen einige Plastiktüten. Aber auch das hält die Nässe auf Dauer nicht ab. "Vier Tage warte ich schon hier. Das ist sehr schwierig, wir haben kein Zelt, keinen Schutz. Meine Kleider sind alle nass. Ich habe mich erkältet, ich habe Halsschmerzen, aber keiner hilft uns."
Für die Flüchtlinge außerhalb des Zauns gibt es keine medizinische Versorgung. Hundert Meter weiter den Weg hinauf sitzen Karim und Ekbal vor ihrem Zelt. Auch sie kommen aus Afghanistan und sind mit ihren Frauen und kleinen Kindern geflohen. Über dem Zelt ist noch eine Plane mit dem Logo des UN-Flüchtlingshilfswerks gespannt. Der Wind bläst den Regen auch darunter. "Meine kleine Tochter ist krank, aber wir konnten keinen Arzt finden", berichtet Karim. Aus Plastikresten machten sie ein kleines Feuer, um sich wenigstens ein wenig die Hände zu wärmen.
Auf dem Gelände außerhalb der Zäune irren Menschen umher auf der Suche nach Hilfe. Viele hinken, gehen gebückt, tragen in Decken gewickelte Kinder auf dem Arm. Ein Polizist schickt sie zurück. "Geht bitte zurück, es gibt hier keinen Arzt", ruft er.
Medizinische Versorgung nur innerhalb des Zauns
In den Containern hinter den Zäunen läuft inzwischen die Registrierung. Wenn es die Menschen bis hierhin geschafft haben, werden sie auch medizinisch versorgt. Die Organisation "Ärzte der Welt" ist hier im Einsatz. Seine Kollegen würden ihr Bestes tun, um die Flüchtlinge so schnell wie möglich zu registrieren, sagt Dimitris Chamoutsies, einer der verantwortlichen Offiziere. Aber mehr als 2000 oder 3000 Registrierungen pro Tag seien nicht zu schaffen. "Wir brauchen einfach mehr Polizeibeamte", sagt er. Die Kollegen von der Grenzschutzagentur Frontex könnten die griechische Polizei zwar unterstützen. Aufenthaltsgenehmigungen können aber nur griechische Beamte ausstellen.
Die Anspannung im kleinen Raum ist spürbar. Warum das alles so lange dauert, können viele Flüchtlinge nicht verstehen. Die griechische Regierung hilft den Einwanderern nicht, meint ein Mann in der Warteschlange. Vor allem nicht den Afghanen.
Der Andrang auf den Hotspot in Moria war in der vergangenen Woche besonders groß. Täglich landeten zwischen 5000 und 6000 Flüchtlingen auf Lesbos. Am Freitag kamen im Norden Insel weniger Boote mit Flüchtlingen an, weil sich das Wetter deutlich verschlechtert hatte. Es regnete in Strömen, und die See zwischen der Türkei und Lesbos war stürmisch. Die kritische Situation um den Hotspot könnte sich deswegen zunächst entspannen.