Präsidentschaftswahl in Kroatien Der Favorit muss in die Stichwahl
Der Sozialdemokrat Josipovic hat bei den kroatischen Präsidentschaftswahlen zwar die meisten Stimmen erhalten, mit rund 32 Prozentpunkten die absolute Mehrheit allerdings verfehlt. Im Januar kommt es nun zur Stichwahl - gegen Zagrebs Bürgermeister Bandic, einen Mann aus dem gleichen politischen Lager. Er erhielt nach Auszählung fast aller Stimmen rund 15 Prozent.
Von Andrea Mühlberger, ARD-Hörfunkstudio Südosteuropa
Spröder Jura-Professor gegen lautstarken Macho - so sieht das personelle Szenario für die Endrunde der kroatischen Präsidentschaftswahl aus. Nachdem keiner der zwölf Bewerber im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit geschafft hat, ist eine Stichwahl am 10. Januar nötig.
Erwartungsgemäß ist der Sozialdemokrat Ivo Josipovic weiter gekommen. Der offizielle Kandidat der Oppositionspartei lag schon vor der Wahl in allen Umfragen deutlich vorne. Dass es sich bei seinem erfolgreichsten Mitbewerber, dem Zagreber Bürgermeister Milan Bandic, um einen Mann aus dem eigenen politischen Lager handelt, ist eine Ironie dieser Wahl - und dürfte Josipovic noch schwer zu schaffen machen.
Zwei Kandidaten wie Feuer und Wasser
Beide Kandidaten haben versprochen, dass sie den Weg Kroatiens in die Europäische Union nach Kräften unterstützen werden. Ansonsten sind der Jurist Josipovic und der jahrzehntelange Zagreber Lokalfürst Bandic wie Feuer und Wasser. Josipovic, Experte für Internationales Recht und Komponist, spricht vor allem Künstler, Intellektuelle und die gebildete, ältere Wählerschicht an. Der Populist Bandic versteht sich als Anwalt der sozial Benachteiligten und kommt auch bei Wählern aus dem rechten Lager gut an. Kritiker werfen dem hemdsärmeligen Macher mangelnde Bildung, fehlende Manieren und Verstrickungen in korrupte Geschäfte vor.
...doch Konkurrenz bekommt er von seinem ehemaligen Parteigenossen und Zagrebs Bürgermeister Milan Bandic.
Schallende Ohrfeige für Regierungspartei
Korruption ist aber eines der größten Hindernisse Kroatiens für den EU-Beitritt: "Ich erwarte vom künftigen Präsidenten eine gute Zusammenarbeit in allen Bereichen", erklärte Kroatiens konservative Regierungschefin Jadranka Kosor. Kosor ist die erste in diesem Amt, die der Korruption ernsthaft den Kampf angesagt hat.
Für ihre national-konservative Partei HDZ ist der erste Wahldurchgang, in dem ihr Kandidat Andrija Hebrang durchgefallen ist, eine schallende Ohrfeige. Hebrang dürfte seine einstige Nähe zum nationalistischen Staatsgründer Franjo Tudjman geschadet haben. Gesucht wird aber ein neuer kroatischer Präsident, der den pro-westlichen Kurs des Landes in die Europäische Union unterstützt - wie der scheidende Amtsinhaber Stipe Mesic: Der auch im Ausland beliebte Politiker mit dem markanten Bart leistete viel Überzeugungsarbeit, um das Land nach den Balkankriegen und der autoritären Ära Tudjman aus der politischen Isolation zu befreien.