Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan Die Kosten des Krieges
Zwölf Jahre war die Bundeswehr im Rahmen der ISAF-Mission in Afghanistan. Es war der blutigste und teuerste Auslandseinsatz in der Geschichte der Streitkräfte. Ein detailliertes Schreiben des Verteidigungsministeriums summiert nun die genauen Kosten.
"Die hören sollen, sie hören nicht mehr, Vernichtet ist das ganze Heer, Mit dreizehntausend der Zug begann, Einer kam heim aus Afghanistan." Theodor Fontane setzte 1857 dem tragischen Ende des britischen Feldzuges am Hindukusch ein lyrisches Denkmal.
Knapp 160 Jahre später ist die Bilanz des deutschen Afghanistan-Einsatzes im Rahmen der ISAF-Mission zwar nicht ganz so dramatisch, aber sicherlich taugt sie auch nicht als Thema für ein poetisches Loblied. 54 deutsche Soldaten sind während des Einsatzes seit 2002 ums Leben gekommen - tragische menschliche Verluste, die finanziell nicht zu beziffern sind, wie auch die vielen tausend Afghanen, die im Zuges des blutigen Konfliktes am Hindukusch ihr Leben ließen.
Ziemlich genau lässt sich dagegen aufschlüsseln, was der militärische Einsatz den deutschen Steuerzahler gekostet hat - rund 8,8 Milliarden Euro nämlich. Das geht aus einer vertraulichen Aufstellung des Verteidigungsministeriums hervor, die tagesschau.de vorliegt.
Material verkauft, verschrottet, verschenkt
Daraus ist zudem ersichtlich, dass im Zuge des Endes des ISAF-Einsatzes Material im Wert von rund 28 Millionen Euro verkauft, verschrottet oder an die afghanischen Streitkräfte und an Behörden oder Hilfsorganisationen verschenkt wurde. In dieser Summe enthalten ist auch Gerät im Wert von vier Millionen Euro, das aus Sicherheitsgründen komplett zerstört wurde.
Deutschland hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums keinerlei Material abgegeben, das dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegt, soll heißen: Die Bundeswehr hinterlässt ihren afghanischen Verbündeten keine Waffen. Und das, obwohl Kabul mehrfach großes Interesse etwa an deutschen Schützenpanzern des Typs "Marder" angemeldet hatte. Nicht mal grün lackierte Fahrzeuge wollte man den Afghanen überlassen - aus Sorge, dass sie möglicherweise in falsche Hände geraten und dann zu Selbstmordanschlägen missbraucht werden könnten. Also zerschredderte die Bundeswehr diese Autos, darunter allein 200 Geländewagen vom Typ "Wolf" (einer Militärversion der Mercedes G-Klasse), in kleine Teile.
Abzug kostete bislang 66,2 Millionen Euro
Interessant lesen sich auch die Ausführungen des Verteidigungsministeriums zu den Kosten des Abzuges der Bundeswehr. Der schlug bis zum Jahresende 2014 mit rund 66,2 Millionen Euro zu Buche. Für diese Summe brachte man 1161 Fahrzeuge und 2465 Container zurück nach Deutschland. Dafür waren laut Verteidigungsministerium 257 Flüge nötig, darunter 66 Direktflüge. In denen transportierte man etwa Gewehre und Panzerhaubitzen. Denn die Türkei, über deren Hafen Trabzon der Rest der Ausrüstung verschifft wurde, wollte keine scharfen Waffen über ihr Territorium transportieren lassen. Offenbar funktionierte das alles ziemlich reibungslos und mit Hilfe der Transportkapazitäten, über die die Bundeswehr ohnehin verfügte.
Grüne kritisieren Fehlplanung
Das hatte Mitte 2013 noch ganz anders ausgesehen. Der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière ließ im Eilverfahren und am Haushaltsausschuss des Bundestages vorbei eine potenziell ziemlich lukrative Vereinbarung mit der Spedition "Kühne + Nagel" schließen. Die sah bis zu 1250 Flüge für eine Gesamtsumme von 150 Millionen Euro vor. De Maizière begründete dies mit hohem Zeitdruck und der Sorge vor knapper Verfügbarkeit von Transportkapazitäten auf dem Weltmarkt.
Doch die Aufstellung des Ministeriums zeigt nun, dass lediglich fünf Flüge über den Vertrag mit "Kühne + Nagel" durchgeführt wurden - für insgesamt rund 625.000 Euro. Eine ziemliche Fehlplanung, kritisiert der Grünen-Haushaltspolitiker Tobias Lindner. "Der finanzielle Schaden mag sich in Grenzen halten, die Diskrepanz in der Planung muss aber genauer untersucht werden. Dies gilt im Besonderen, weil die eigentlich zwingende Beteiligung des Bundestages umgangen worden war. Wir werden den Rechnungshof bitten, dieses Vorgang zu untersuchen."