Russland und besetzte Gebiete "Wahlsieg" unter Putins wachsamen Augen
Nach den Scheinwahlen gibt es eine klare Siegerin: Putins Partei Geeintes Russland. Der Kreml ist zufrieden und will "legale Machtstrukturen" in den annektierten Regionen schaffen. Eine Wahl hatten die Menschen in der Ostukraine nicht.
Zufriedenheit im Kreml-Lager am Tag nach den Kommunal- und Regionalwahlen in Russland und den annektierten Regionen in der Ostukraine. Aus Sicht der Regierungspartei blieben unangenehme Überraschungen aus. Die Kreml-Partei Geeintes Russland feiert sich fast überall als klare Siegerin. Bestimmt wurden Gouverneure, Regionalparlamente, Stadt- und Gemeinderäte sowie Bürgermeister.
Nach vorläufigen amtlichen Endergebnissen wurden alle Gouverneure in 21 Regionen wiedergewählt. Sie hätten zwischen 63 und 86 Prozent der Stimmen erhalten, teilte die Zentrale Wahlkommission mit. Eine der wichtigsten Abstimmungen war sicherlich die zum neuen Bürgermeister in Moskau. Amtsinhaber Sergej Sobjanin wurde dort mit mehr als 76 Prozent der Stimmen zum Sieger erklärt. Er war gegen weitgehend unbekannte Gegenkandidaten angetreten.
Sobjanin dankte für die "rege Wahlbeteiligung"
Sobjanin bedankte sich bei seinen Wählern für die rege Beteiligung an der Abstimmung, die deutlich unter 50 Prozent lag. Sie war aber höher als beim letzten Mal, als nur knapp ein Drittel der Wahlberechtigten zu den Urnen ging.
"In Moskau war die Wahlbeteiligung bei der Bürgermeisterwahl präzedenzlos hoch", sagte Sobjanin. "Zumindest im Vergleich zu den letzten Jahren - 43 Prozent. Ich möchte mich bei den Moskauer Bürgern für die aktive Bürgerhaltung bedanken." Diese sei sehr wichtig - "besonders heute während einer komplizierten Phase unseres Lebens, unserer Realität".
Kaum Plakate oder Partei-Stände in Städten
Was Sobjanin hier nur vorsichtig andeutet: Es waren Wahlen in Zeiten des Krieges - oder der "speziellen Militäroperation", wie es offiziell heißt. Der Parteichef von Geeintes Russland, Dmitri Medwedew, behauptete, dieses Thema habe die Wahl mitbestimmt. Das Thema der "speziellen Militäroperation" sei ohne Zweifel eines der wichtigsten gewesen, "das im Laufe der Wahltreffen, die unsere Kandidaten geführt hatten, aufgestellt und diskutiert wurde", sagte Medwedew.
Doch einen Wahlkampf mit Plakaten, Ständen der Parteien in Fußgängerzonen oder gar Rededuellen im Fernsehen hatte es kaum gegeben. Namhafte Oppositionelle sitzen in Haft oder sind ins Ausland geflohen. Selbst leiseste Kritik am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zieht harte Strafen nach sich.
Vor und auch in den Wahllokalen waren russische Soldaten in den annektierten Regionen zugegen.
Medwedew hob jedoch hervor, dass durch die Wahlen nun auch die "neuen Regionen" - womit er die völkerrechtswidrig annektierten Gebiete Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk meinte - ein vollwertiger Teil Russlands geworden seien. "Und das ist ganz wichtig", betonte der Parteichef. "Nun gelingt es, normale, vollwertige und legale russische Machtstrukturen in den Regionen zu bilden, damit sie entsprechend all ihre Aufgaben und Kompetenzen erfüllen können."
Massive Einschränkung von Bürgerrechten
Dabei ist die Lage gerade in diesen Regionen von massiven Menschenrechtsverletzungen und der Einschränkung von Bürgerrechten geprägt. Es herrscht Krieg - große Teile der Bevölkerung sind vor den russischen Truppen geflohen. Ukrainische Menschenrechtler berichten, dass sowohl Wähler- als auch Kandidatenlisten ungefähr zur Hälfte aus Bürgern der Russischen Föderation bestanden, die bis zum Jahr 2022 nie in der Ukraine gelebt hatten.
Medwedew wies ausdrücklich darauf hin, dass sogar Teilnehmer der "militärischen Spezialoperation" bei der Wahl als Kandidaten angetreten seien: "Alleine von den Teilnehmern der 'speziellen Militäroperation' waren es über 100 Personen aus den Reihen unserer Partei." Sie hätten auch für unterschiedliche Abgeordneten-Posten und für andere Ämter kandidiert.
Unabhängige Wahlbeobachter vor Ort gab es nicht. Die Regierung in Kiew hatte dazu aufgerufen, die Scheinwahlen nicht anzuerkennen. Der Europarat erklärte, die Wahlen stellten einen eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht dar, das von Russland missachtet werde.