Belarusische Oppositionelle Kolesnikowa berichtet von Morddrohung
Nach ihrer Entführung hat die inhaftierte Oppositionsaktivistin Kolesnikowa Strafanzeige gegen die Behörden in Belarus erstattet. Ihr sei unter anderem mit Zerstückelung gedroht worden. Demonstranten fordern ihre Freilassung.
Die inhaftierte belarusische Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa hat nach ihrer Entführung Strafanzeige gegen die Behörden wegen Morddrohung erstattet. Das teilte die 38-Jährige in einer Stellungnahme mit.
Die Anzeige, die auch die Vorwürfe der Entführung sowie der Androhung einer Freiheitsstrafe von 25 Jahren beinhaltet, richtet sich demnach gegen den Geheimdienst KGB und gegen die Sonderpolizei zur Bekämpfung organisierter Kriminalität. Kolesnikowa nennt nach Angaben ihres Stabs in Minsk die Namen der Beamten, die sie bedroht und ihr einen Sack über den Kopf gezogen hätten. Und sie betont, dass sie die Männer bei einer Gegenüberstellung identifizieren könne.
Abschiebung in die Ukraine misslang
Kolesnikowa war am Montag in Minsk entführt und unter Androhung von physischer Gewalt aufgefordert worden, das Land zu verlassen. Sie sollte in das Nachbarland Ukraine abgeschoben werden. Die Sicherheitskräfte hätten ihr gesagt, "dass ich, wenn ich die Republik Belarus nicht freiwillig verlassen würde, sowieso lebend oder in Stücken herausgebracht würde", schrieb sie.
Kolesnikowa hatte aber ihren Pass vor dem Grenzübergang zerrissen und so ihre Abschiebung vereitelt. Sie habe Quetschungen von der gewaltsamen Aktion davongetragen, teilte ihre Anwältin Ljudmila Kasak am Mittwochabend nach einem Treffen mit ihr mit.
In Belarus droht Todesstrafe durch Genickschuss
Kolesnikowa, die viele Jahre in Stuttgart in der Kulturszene aktiv gewesen war, sitzt in Minsk in Untersuchungshaft wegen des Vorwurfs der versuchten Machtergreifung. Ihre Anwältin bezeichnete die Vorwürfe als "absurden" Versuch, Andersdenkende mundtot zu machen. "Maria fühlt sich gut und wacker trotz des erlebten Stresses in den vergangenen zwei Tagen", sagte Kasak.
Kolesnikowa ist eine Schlüsselfigur der Proteste gegen Alexander Lukaschenko, der Belarus seit 26 Jahren autoritär regiert und dem die Opposition Betrug bei seiner Wiederwahl am 9. August vorwirft. Bei Kundgebungen für ihre Freilassung war es am Mittwoch in Minsk zu zahlreichen Festnahmen gekommen. Die Sorge um die Politikerin ist groß. Belarus vollstreckt als einziges Land in Europa noch die Todesstrafe - durch Genickschuss.