Hintergrund

Mit den Konservativen im Bunde Klitschkos internationale Verbindungen

Stand: 20.12.2013 11:56 Uhr

In der Krise der Ukraine steht kein Oppositionspolitiker so im Fokus wie Vitali Klitschko. Als Politiker profitiert er nicht nur von seiner Bekanntheit als Boxweltmeister, sondern auch von seinen Verbindungen in die internationale Politik, die er früh knüpfte.

Von Silvia Stöber, tagesschau.de

An Gesprächspartnern und Ratschlägen mangelt es dem ukrainischen Oppositionspolitiker Vitali Klitschko derzeit nicht. Seit Beginn der Proteste vor fast vier Wochen besuchen ihn beinahe täglich Politiker aus dem Westen.

So lobt ihn der CDU-Politiker Elmar Brok als "außerordentlich klugen und zunehmend politisch erfahrenen Gesprächspartner". Klitschko sei "eindeutig den westlichen Werten zugeneigt", da er von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit als Bedingung für wirtschaftlichen Erfolg spreche. Brok ist Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europa-Parlament. Er traf Klitschko kürzlich am Rande des EU-Gipfels in Vilnius und besuchte bereits zwei Mal die Demonstranten in Kiew.

Langjährige Verbindung zur Adenauer-Stiftung

Klitschko punktet im Westen nicht nur durch sein besonnenes Auftreten und seine Sprachkenntnisse. Ihm kommt auch zugute, dass er bereits früh Verbindungen zur deutschen Politik aufnahm.

2006, als Klitschko führendes Mitglied der politischen Bewegung "Pora" war, entstand der erste Kontakt zur CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), erzählt die Leiterin des Stiftungsbüros in Kiew, Gabriele Baumann. Als der Oppositionspolitiker vor drei Jahren die Partei Udar (Schlag) gründete, fragte er Hilfe bei der KAS an: "Vitali Klitschko kam auf uns zu. Er bat um informelle Kontakte zur CDU und zur Europäischen Volkspartei sowie um Unterstützung mit Seminaren und Schulungen", sagt Baumann.

Klitschko war zudem zu Gast auf den beiden CDU-Parteitagen 2011 in Leipzig und 2012 in Hannover, wo er Bundeskanzlerin Angela Merkel begegnete. Dort stellte er sich als ukrainischer Oppositionspolitiker vor, wie die "Bild"-Zeitung berichtete. Das Blatt zitierte ihn mit einem Lob für Merkel: Sie habe den Willen zum Sieg und verfüge über alle Fähigkeiten, als Kanzlerin wiedergewählt zu werden. Der Kontakt zur "Bild"-Zeitung blieb erhalten. Seit Beginn der Proteste veröffentlicht "Bild" regelmäßig Kolumnen Klitschkos.

Wiedersehen auf dem Maidan

Die Unterstützung der Adenauer-Stiftung für politische Parteien im Ausland hat Grenzen, betont Büroleiterin Baumann: "Wir finanzieren keine Parteien und geben keine logistisch oder materielle Unterstützung, auch nicht mit Computern oder anderem Material. Wir betreiben auch keine Wahlkampfunterstützung, schon gar nicht finanziell.

Klitschko ist auch bei weitem nicht der einzige Politiker, mit dem die KAS in der Ukraine kooperiert. Während der fast 20 Jahre dauernden Tätigkeit dort gab es Zusammenarbeit auch mit dem Parteibündnis "Unsere Ukraine" des Ex-Präsidenten Wiktor Juschtschenko und mit Julia Timoschenkos Vaterlandspartei.

Vor dem EU-Gipfel in Vilnius habe die KAS im ganzen Land Veranstaltungen organisiert, bei denen Wirtschaftsexperten die Vorteile des EU-Assoziierungsabkommens für die Ukraine erklärt hätten. "Für uns ist es ein großer Erfolg, wenn wir Leute mit Argumenten überzeugen können, die vorher wenig über Europa wussten, gerade an der Grenze zu Russland", sagt Baumann.

Undurchsichtige Parteienfinanzierung

Wie die Adenauer-Stiftung betreiben auch andere parteinahe Stiftungen der Bundesrepublik wie die Heinrich-Böll-Stiftung, die den Grünen nahesteht, politische Arbeit im Ausland. In den Ex-Sowjetrepubliken ist dies eine Herausforderung insofern, als ein so breites Parteienspektrum wie in der Bundesrepublik oft nicht anzutreffen ist.

Stattdessen konzentrieren sich die Parteien im konservativen Bereich. In Georgien zum Beispiel entschied sich die Böll-Stiftung für eine Kooperation mit den liberalen Republikanern, weil deren Positionen den Werten der Grünen noch am nächsten stehen. Häufig sind Parteien auch nicht mehr als ein Wahlverein für eine Führungsperson. Oft bleibt die Finanzierung im Unklaren.

Letzteres bestätigt auch Baumann in der Ukraine: "Die Parteienfinanzierung ist undurchsichtig. Das betrifft alle Parteien." Die Oligarchen des Landes spielten dabei eine wichtige Rolle. "Oft verteilen sie aber an mehrere Parteien Geld, so dass man sich fragt, wie das zusammenpassen kann."

Bei Klitschkos Partei sieht Baumann noch die geringsten Probleme. "Udar finanziert sich zu einem großen Teil über Einnahmen aus den Boxwettkämpfen. Die Partei steht deshalb relativ sauber da." Medienberichte und Spekulationen über Kontakte Klitschkos zu Oligarchen will Baumann nicht kommentieren. Doch, sagt sie, bleibe ihm vermutlich nichts anderes übrig, wenn er in der Politik etwas bewegen wolle.

Im Bündnis mit den Christdemokraten

Auf internationaler Ebene konnte Klitschko in diesem Jahr einen Erfolg für sich verbuchen. Seine Partei wurde auch mit Hilfe der KAS als beobachtendes Mitglied in die Europäische Volkspartei (EVP) aufgenommen. In ihr sind christdemokratische und konservativ-bürgerliche Parteien Europas vereint, so auch die CDU. Die EVP stellt im Europa-Parlament und im Europarat jeweils eine Fraktion. Parteien aus den Ländern der Östlichen Partnerschaft der EU können wie Udar als Beobachter aufgenommen werden.

Dies sichert direkten Zugang zu hochrangigen Politikern in Europa. Regelmäßig vor wichtigen EU-Gipfeln kommt die EVP zusammen, so auch vor dem Nachbarschaftsgipfel in Vilnius vor drei Wochen. Das Treffen bot Klitschko Gelegenheit, mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sowie Regierungschefs aus EU-Staaten zu sprechen. Dem CDU-Politiker Brok zufolge hinterließ er einen guten Eindruck.

Klitschkos politischer Konkurrent, der ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch, hingegen verspielte Wohlwollen, weil er die Unterschrift unter das fertige EU-Assoziierungsabkommen verweigerte. Er strapazierte zudem die Geduld der EU-Staats- und Regierungschefs mit einer langen Rede, in der er auch um Milliarden für sein fast bankrottes Land bat. Für sich selbst hatte Janukowitsch allerdings die teuerste Hotel-Suite in Vilnius gemietet, wie ein westeuropäischer Diplomat verärgert erzählte.

Parteiliche Hilfe

Klitschko und die Protestbewegung in Kiew dagegen ziehen zahlreiche Sympathisanten an, unter ihnen Georgiens Ex-Präsidenten Michael Saakaschwili. Seine Partei "Nationale Bewegung" ist seit Jahren beobachtendes Mitglied der EVP. Der einstige "Rosenrevolutionär" hielt auf dem Maidan in Kiew eine Rede und reiste vergangene Woche nach Washington, wo er dem republikanischen Senator John McCain die Lage in der Ukraine beschrieb. McCain sprach dann am vergangenen Sonntag in Kiew zu den Demonstranten.

Saakaschwili weiß das EVP-Netzwerk zu nutzen. Als er im Frühjahr zu Hause Unterstützung gegen seinen politischen Konkurrenten suchte, kam ihm die EVP zu Hilfe. Sie drohte, das EU-Assoziierungsabkommen mit Georgien zu blockieren. Saakaschwilis zunehmend autoritären Regierungsstil hatte sie dagegen nicht öffentlich kritisiert.

Ähnlich wie Klitschko heute in der Ukraine hatte Saakaschwili als westlich und demokratisch orientierter Oppositionspolitiker die "Rosenrevolution" angeführt, ebenso unterstützt und gefördert vom Westen.

Saakaschwili ist jemand, der Klitschko einen guten Rat geben könnte: Will man die Unterstützung der Bevölkerung bewahren, sollte man nicht nur seine Modernisierungserfolge im Westen gut verkaufen, sondern auch zu Hause zu seinen Demokratisierungsversprechen stehen.