Hintergrund

Hintergrund Kirgistan: Politisch unruhiges Bergland in Zentralasien

Stand: 15.06.2010 09:48 Uhr

Die frühere Sowjetrepublik Kirgistan gilt seit Jahren als politisch instabil. Präsident Bakijew wurde im April gestürzt, seitdem regiert eine Übergangsregierung unter Interimspräsidentin Otunbajewa. Vor allem im fruchtbaren Süden des verarmten Landes gibt es immer wieder Spannungen.

Das krisengeschüttelte Hochgebirgsland Kirgistan an der Grenze zu Chinas Unruhe-Region Xinjiang ist seit 1991 unabhängig. Mit knapp 200.000 Quadratkilometern ist die Ex-Sowjetrepublik etwa halb so groß wie Deutschland. Die rund 5,3 Millionen Einwohner sind mehrheitlich sunnitische Muslime.

Konflikte um fruchtbares Ferghana-Tal

Mit dem Nachbarn Kasachstan im Norden unterhält das Land freundschaftliche Beziehungen. Mit Usbekistan im Süden dagegen gibt es immer wieder Spannungen. Das fruchtbare Ferghana-Tal, in dem die Städte Osch und Dschalal-Abad liegen, gehörte einst einem einzigen Feudalherrn. Der sowjetische Diktator Josef Stalin teilte es schließlich unter Usbekistan, Kirgistan und Tadschikistan auf. Am Grenzverlauf entzündeten sich danach immer wieder alte Rivalitäten und Spannungen.

Wegen Streitereien um fruchtbares Land kam es beispielsweise im Sommer 1990 zu massiven Zusammenstößen zwischen Usbeken und Kirgisen in der Grenzstadt Osch. Etwa 15 Prozent der kirgisischen Bevölkerung zählen zur usbekischen Minderheit. Bei den Kämpfen starben nach Schätzungen mehr als 100 Menschen. Die damaligen sowjetischen Truppen blieben monatelang in Osch stationiert, bis die nationalen Emotionen wieder abgekühlt waren.

Angst vor Zerfall Kirgistans

Bei dem Streit zwischen Kirgisen und Usbeken geht es um Grund und Boden und um Macht und Einfluss. Als stärkste Bevölkerungsgruppe im Ferghana-Tal fordern die Usbeken wie schon zu Sowjetzeiten, dass Usbekisch Amtssprache wird. Die Regierung in der nördlichen Hauptstadt Bischkek fürchtet aber, dass dann Autonomieforderungen kommen und auch andere Gruppen wie die Tadschiken Rechte einfordern. Kirgistan könnte zerfallen.

10.000 deutschstämmige Bürger

Zur deutschstämmigen Minderheit im Land zählen sich heute noch etwa 10.000 Menschen. Während des Zweiten Weltkrieges waren zahlreiche "Russlanddeutsche" auch nach Kirgistan zwangsumgesiedelt worden. Zum Ende der Sowjetunion zählte die deutschstämmige Minderheit dort noch etwa 100.000 Menschen. Seitdem wanderten die meisten von ihnen in die Bundesrepublik aus. Deutschland hilft in Kirgistan mit verschiedenen Projekten bei der wirtschaftlichen Entwicklung der vom Agrarsektor (Baumwolle, Tabak) dominierten Wirtschaft.

Präsidialrepublik mit Übergangsregierung

Seit der Unabhängigkeit ist Kirgistan eine Präsidialrepublik, die sich an westlichen Vorbildern orientiert. Vorgesehen ist eine Gewaltenteilung unter der Führung eines starken Präsidenten. Im April zwang ein Umsturz den letzten gewählten Präsidenten aus dem Amt: Kurmanbek Bakijew, der auch Oberkommandierender der Armee war, wurde gestürzt. Nach internationaler Vermittlung flüchtete er nach Weißrussland. Im Jahr zuvor war Bakijew mit einer Mehrheit von 85 Prozent als Staatspräsident bestätigt worden, allerdings wurde die Wahl von Betrugsvorwürfen überschattet.

Seit dem Umsturz führt eine Übergangsregierung unter der früheren Oppositionsführerin Rosa Otunbajewa als Interimspräsidentin die Geschäfte. In der Heimatregion von Ex-Präsident Bakijew rund um Osch beruhigte sich die Lage seit dem Umsturz im April nie wirklich. Die Übergangsregierung verhängte in den Gebieten im Süden den Notstand um die Lage zu beruhigen - bislang ohne Erfolg.

Unter den Ärmsten der Ex-Sowjetrepubliken

Kirgistan gehört zu den ärmsten Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Für 2009 wird die Arbeitslosigkeit auf rund zwölf Prozent geschätzt, nachdem sie laut Internationalem Währungsfonds (IWF) in den Vorjahren bei acht Prozent gelegen hatte. Die Landwirtschaft ist das wirtschaftliche Standbein des Landes. Kirgistan ist auf internationale Finanzhilfe angewiesen.