Kinderrechtskonvention wird 30 UNICEF schlägt bei Kinderrechten Alarm
30 Jahre nach der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention warnt UNICEF vor Rückschritten bei deren Umsetzung. Armut und schlechte Gesundheitsversorgung bedrohen weiter Millionen Kinder weltweit.
Drei Jahrzehnte nach Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention warnt das Kinderhilfswerk UNICEF vor Stagnation und vor Rückschritten bei deren Umsetzung. Armut und Ausgrenzung bedrohten weiterhin die Entwicklung von Millionen Kindern, erklärte UNICEF in New York.
Bei der Impfvorsorge drohten die erreichten Fortschritte wieder verloren zu gehen, während die Rate der Kinder mit Zugang zu Schulbildung seit 2007 stagniere. "Die Kinderrechtskonvention steht an einem Scheideweg zwischen ihrer gefeierten Vergangenheit und ihrem Potenzial für die Zukunft", sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore. Nötig seien eine Neuverpflichtung und entscheidende Schritte.
Fortschritte bei Schulbildung: In 30 Jahren ging der Anteil der Kinder, die keine Schule besuchen, von 18 auf acht Prozent zurück.
Hohe Risiken für Kinder in Armut
Laut einer neuen Studie gibt es gerade in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen große schichtspezifische Unterschiede beim Lebensstandard von Heranwachsenden. Demnach tragen Kinder aus armen Schichten dort ein doppelt so hohes Risiko, vor ihrem fünften Geburtstag an vermeidbaren Krankheiten zu sterben, wie Kinder aus der Oberschicht.
Zugleich unterstreicht die Studie aber auch Fortschritte seit Inkrafttreten der Konvention. So sei die Kindersterblichkeit um 60 Prozent gesunken. Der Anteil der Kinder, die keine Schule besuchen, ging demnach von 18 auf acht Prozent zurück. Kinder sterben zwar seltener in ganz jungen Jahren und leben auch gesünder als in den vergangenen drei Jahrzehnten, dafür sind sie aber neueren Bedrohungen ausgesetzt, wie aus dem Bericht hervorgeht.
Neue Probleme durch Klimawandel und Cybermobbing
UNICEF-Geschäftsführerin Henrietta Fore betonte, zusätzlich zu den anhaltenden Herausforderungen in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Bildung müssten sich Kinder heute mit neuen Bedrohungen wie dem Klimawandel, Online-Missbrauch und Cybermobbing auseinandersetzen. Gerade die Auswirkungen der Klimakrise würden Kinder besonders treffen.
Nur die Hälfte der in extrem armen Familien lebenden Kinder in Ländern südlich der Sahara sei zudem gegen Masern geimpft, heißt es in dem Bericht. Die Zahl der bekannten Masernfälle habe sich von 2017 auf 2018 weltweit mehr als verdoppelt.
Kinderehen seien heute zwar kein ganz so großes Problem mehr wie noch 1989, als die UN-Kinderrechtskonvention angenommen wurde. Für Mädchen aus besonders ärmlichen Lebensverhältnissen sei das Risiko einer Zwangsheirat aber entgegen dem globalen Trend gestiegen.
Millionen Kinder weltweit ihrer Freiheit beraubt
Eine zeitgleich in Genf vorgestellte Studie der Vereinten Nationen beklagt zudem, dass weltweit mehr als sieben Millionen Kinder ihrer persönlichen Freiheit beraubt seien. Besonders bei 330.000 Kindern, die im Zusammenhang mit Migration in Haft oder Einrichtungen säßen, gebe es Alternativen zum Entzug der Freiheit.
Ausdrücklich kritisierte der Menschenrechtsexperte Manfred Nowak bei der Vorstellung der Studie die US-Regierung, die Kinder und ihre illegal eingereisten Eltern zeitweise voneinander getrennt hatte. Dabei handle es sich um eine menschenunwürdige Behandlung.
5,4 Millionen Kinder befinden sich der UN-Studie zufolge in staatlichen Einrichtungen, etwa auch in Waisenhäusern. Weitere 410.000 sind in Haft, dazu kommen etwa eine Million Kinder, die von der Polizei in Gewahrsam genommen werden. Kinder müssten frei in familiärem Umfeld statt in Institutionen aufwachsen, betonte Nowak.
UNICEF Deutschland fordert Kinderrechte im Grundgesetz
Die Kinderrechtskonvention wurde am 20. November 1989 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Bis auf einen einzigen Staat - die USA - sind alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen dem Abkommen beigetreten. UNICEF-Geschäftsführerin Fore forderte "Innovation, neue Technologien, politischen Willen und mehr Ressourcen", um das Leben von Kindern in aller Welt zu verbessern.
Der Vorsitzende von UNICEF Deutschland, Georg Graf Waldersee, bekräftigte die Forderung, Kinderrechte ausdrücklich ins deutsche Grundgesetz aufzunehmen. "Wenn die Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden, dann ist das ein Maßstab für alle Rechtsgebiete und alle Entscheidungen, die sich mit Anliegen der Kinder beschäftigen", sagte er. Dies hätte eine viel größere Wirkung als die völkerrechtliche Verpflichtung durch die UN-Konvention.