Steuervorwürfe gegen Luxemburg Juncker bestreitet Interessenkonflikt
Kaum ist Kommissionschef Juncker im Amt, steht er wegen der Luxemburger Steuerdeals in der Kritik. Ausgerechnet die Kommission soll die Vorwürfe gegen sein Land aufklären. Juncker findet: Das ist gar kein Problem. Außerdem sei alles rechtens gewesen.
Der neue EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat bestritten, das seine Position die Aufklärung der Steuervorwürfe gegen sein Heimatland Luxemburg beeinträchtigen könnte. Er war dort von 1995 bis 2013 Ministerpräsident. Es gebe in diesem Punkt keinen Interessenkonflikt, sagte Juncker. Seine Kommission wolle Steuerflucht und Steuerbetrug bekämpfen. Er werde keinen "ungebührlichen Einfluss" auf die Ermittlungen von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager nehmen.
NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" hatten vergangene Woche aufgedeckt, dass deutsche und internationale Konzerne mit Unterstützung Luxemburgs Steuerzahlungen in Milliardenhöhe umgehen. Durch von den Steuerbehörden genehmigte Finanzkonstrukte gelingt es ihnen, teils weniger als ein Prozent Steuern auf Gewinne zu zahlen.
Juncker, der seit dem 1. November als Kommissionschef im Amt ist, steht in der Kritik, weil er fast zwei Jahrzehnte Finanzminister oder Regierungschef Luxemburgs war und für die Praktiken zu Lasten anderer EU-Länder mitverantwortlich gemacht wird.
"Wir wollten keine Steuerhinterziehung organisieren"
Juncker verteidigt die Steuervorteile. Diese stünden in Übereinstimmung mit nationalem Recht und internationalen Regeln. "Wenn es keine Steuerharmonisierung in Europa gibt, dann kann dies das Ergebnis sein", betonte er. Es sei aber niemals sein Ziel gewesen, Steuerhinterziehung in Europa zu organisieren. Die Steuerbehörden in Luxemburg arbeiteten unabhängig von der Regierung. "Ich bin politisch verantwortlich für das, was an allen Ecken und Enden passierte", ergänzte er.
Der Kommissionschef kündigte an, seine Behörde bereite eine Richtlinie vor, die den automatischen Austausch der im Fall Luxemburg umstrittenen Steuervorabentscheide vorsehe. Sobald ein Land einem Unternehmen solche Zusagen mache, müsse es demnach die anderen EU-Länder informieren. Dies sei die einzige Möglichkeit, um EU-weit die notwendige "Dosis Transparenz" in dieser Frage zu schaffen. Er räumte ein, es sei ohne jeden Zweifel ein Fehler gewesen, dass er sich nicht schon vergangene Woche zu den Vorwürfen geäußert habe: "Die schlimmsten Fehler passieren nie aus böser Absicht."
Der grüne Abgeordnete Sven Giegold forderte im Deutschlandfunk, Juncker müsse umgehend einen Aktionsplan gegen Steuerdumping in der EU vorlegen. Andernfalls verliere er als Kommissionschef seine Glaubwürdigkeit und müsse gehen. Die Linkspartei im Europaparlament versucht seit einigen Tagen bereits, Stimmen für ein Misstrauensvotum gegen Juncker und seine Kommission zu sammeln. Am Dienstag waren dabei 52 der 76 nötigen Stimmen zusammengekommen.