Johnson wird Tory-Chef Der Favorit gewinnt deutlich
Mit 55 Jahren ist Boris Johnson am Ziel: Er siegte bei der Urwahl um den Tory-Parteivorsitz mit 66,4 Prozent gegen Konkurrent Hunt und wird neuer britischer Premier. Nun will er den Brexit liefern.
Mit großem Vorsprung hat Boris Johnson die Tory-Abstimmung über den Parteivorsitz gewonnen. Der Brexit-Hardliner siegte gegen seinen Mitbewerber Jeremy Hunt. Bei der Urwahl unter den knapp 160.000 Parteimitgliedern stimmten etwa 92.000 für Johnson. Auf Hunt entfielen rund 47.000 Stimmen. Der unterlegene Rivale gratulierte Johnson auf Twitter: "Sie werden in diesem kritischen Augenblick ein großartiger Premierminister für unser Land sein!"
"Ehre und Privileg"
Johnson kündigte an, das Land einen zu wollen und den Brexit zu liefern. Er wolle den Wunsch nach Freundschaft mit Europa und die Sehnsucht nach demokratischer Selbstbestimmung vereinen. Es sei eine "außerordentliche Ehre und ein Privileg", die Konservativen führen zu dürfen.
Johnson wird nun automatisch auch britischer Regierungschef und folgt damit auf Theresa May. Sie hatte im Mai ihr Amt wegen fehlenden Rückhalts zur Verfügung gestellt.
Am Mittwoch wird Johnson von Königin Elizabeth II. zum Premierminister ernannt. Mit Spannung wird erwartet, wen der umstrittene Politiker zu sich ins Kabinett holt. Einige Mitglieder von Mays Regierung haben angekündigt, dass sie zurücktreten würden, bevor Johnson sie entlassen könne, weil sie seine Drohung ablehnen, Großbritannien auch ohne Abkommen aus der EU zu führen.
Kritik von Corbyn
Oppositionschef Jeremy Corbyn forderte eine Neuwahl. Johnson sei von weniger als 100.000 Parteimitgliedern der Konservativen unterstützt worden und habe nicht das Land hinter sich gebracht, schrieb der Labour-Politiker am Dienstag auf Twitter.
Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan nannte den Brexit eine "katastrophale Bedrohung".
Johnson gilt als Exzentriker, der es mit der Wahrheit oft nicht so genau nimmt. Nach eigenem Bekunden ist er bereit, das Vereinigte Königreich auch ohne Austrittsvertrag bis zum 31. Oktober aus der EU zu führen, sollte Brüssel keine Zugeständnisse machen. Gleichzeitig behauptet er, die Chancen eines No-Deal-Brexits seien eins zu einer Million.
Juncker und Trump gratulieren
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gratulierte Johnson zur Wahl und erklärte seine Bereitschaft, mit dem künftigen britischen Premierminister "auf bestmögliche Weise" zusammenzuarbeiten. Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier erklärte, er freue sich darauf, "konstruktiv" mit Johnson zusammenzuarbeiten, "um die Ratifizierung des Austrittsabkommens zu erleichtern und einen geordneten Brexit zu erreichen".
Die EU lehnt Veränderungen am Austrittsabkommen ab. Lediglich Modifikationen an der begleitenden politischen Erklärung wurden von Brüssel bisher in Aussicht gestellt.
Die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hofft auf eine konstruktive Zusammenarbeit. "Wir müssen viele verschiedene und schwierige Probleme zusammen angehen", betonte die CDU-Politikerin in Paris mit Blick auf den Brexit-Kurs Johnsons. Sie hoffe "auf eine gute Arbeitsbeziehung".
US-Präsident Donald Trump gratulierte Johnson zur Wahl. Er werde ein guter Premier sein, schrieb Trump. Er hatte schon mehrfach seine Sympathien für Johnson und dessen populistischen Politikstil publik gemacht.
Blair glaubt an zweites Referendum
Ex-Premierminister Tony Blair hält einen EU-Austritt Großbritanniens ohne Abkommen für ausgeschlossen. "Ohne die Billigung entweder des Parlaments oder der Wähler wird Johnson den No Deal nicht wagen", sagte Blair der "Welt". Im Parlament sei eine Mehrheit dagegen. Johnson könne entweder eine Neuwahl auslösen oder ein zweites Referendum ansetzen. "Ich glaube, dass Letzteres wahrscheinlicher ist", sagte Blair.