Debatte in Großbritannien Wie J.K. Rowling polarisiert
Ist J.K. Rowling transfeindlich? Darüber wird in Großbritannien gestritten. Längst aber geht es nicht mehr nur um die "Harry Potter"-Autorin. Es ist eine Debatte über die Grenzen der Meinungsfreiheit.
J.K. Rowling polarisiert in einer Art und Weise, dass in Großbritannien schon von einem Kulturkampf gesprochen wird. Der Erfolgsautorin wird nachgesagt, transfeindlich zu sein und sich abfällig über Transgender zu äußern. Ein Vorwurf, dem der Trans-Aktivist Rose of Dawn widerspricht:
Ich habe von ihr keine Verunglimpfungen gehört. Ich habe von ihr nichts gehört, was so problematisch wäre, dass man sie vom öffentlichen Leben ausschließen müsste. Sie sieht die Dinge so, wie sie wahrscheinlich eine große Mehrheit der britischen Bevölkerung sieht, zum Beispiel, dass es nur zwei biologische Geschlechter gibt.
Mehr als 1500 Autoren, Agenten, Journalisten und Verlagsmitarbeiter aus dem Vereinigten Königreich und Irland bewerten Rowlings Äußerungen aber anders. Sie haben vor Kurzem einen offenen Brief unterschrieben, in dem sie ihre Wertschätzung für Transgender und ihre Solidarität mit der Trans-Gemeinde zum Ausdruck bringen. Die Kultur, so heißt es in dem Brief "sollte immer an der Spitze des gesellschaftlichen Wandels stehen".
Empörung nach Tweet
Rowling hatte die Diskussion um ihre Person im Juni neu befeuert. Damals hatte sie sich in einem Tweet über die Formulierung "Leute, die menstruieren" aufgeregt: "'Leute, die menstruieren.' Ich bin sicher, dass es für diese Leute mal ein Wort gab", schrieb sie auf Twitter. Danach brach eine Empörungswelle los.
Im Zuge immer neuer Vorwürfe kündigte Rowling im August an, den Menschenrechtspreis zurückzugeben, den sie 2019 von der Robert F. Kennedy Human Rights (RFKHR) Organisation bekommen hatte. Ihr neuestes Buch "Troubled Blood", veröffentlicht unter dem Pseudonym Robert Galbraith, sorgte dann für eine weitere Eskalation, weil sich der männliche Serienkiller in dem Thriller Frauenkleider anzieht. Das brachte Rowling einen gewaltigen Shitstorm ein, bis hin zum #RIPjkrowling - also: "Rest in Peace, J.K. Rowling".
Auch Rowlings neues Buch wird heftig diskutiert.
Offener Brief von Rowling-Unterstützern
Die Angriffe waren so massiv, dass 58 Schauspieler, Journalisten und Autoren, unter ihnen auch Ian McEwan, Rowling in Schutz nahmen. Die Beschimpfungen würden ein Schlaglicht auf den "heimtückischen, autoritären und frauenfeindlichen Trend in den sozialen Medien" werfen, schrieben die Autoren in einem Offenen Brief.
Bezeichnend war, dass die Wut schon tobte, als das Buch noch gar nicht veröffentlicht war - beziehungsweise die Kritiker das Werk noch nicht gelesen hatten: "Klar ist, dass das Buch Hass schürt und Angst", meinte der Journalist Benjamin Butterworth. Der Moderator Piers Morgan hielt dagegen, das stimme nicht.
"Wie können Sie das wollen"
Morgan griff stattdessen diejenigen an, die sich an den RIP-Tweets beteiligt hatten. Sie seien diejenigen, die Rowling tot sehen wollten, beschämt sehen wollten, und die verhindern wollten, dass das Buch veröffentlicht werde. "Wie können Sie das wollen", fragte der Moderator den Journalisten Butterworth, "obwohl sie das Buch gar nicht gelesen haben?" Moderator Morgan gab danach zu, J.K. Rowling nicht zu mögen, aber was er trotzdem verteidigen wolle, sei ihr Recht auf Meinungsfreiheit.
Rowling selbst hatte im Sommer unter anderen mit den Schriftstellern Salman Rushdie und Margaret Atwood einen offenen Brief unterzeichnet, der vor Intoleranz warnt. Davor, dass die Bereitschaft, andere Meinungen zu tolerieren, abnimmt und das öffentliche Ächten von Menschen in Mode kommt.