Hintergrund

Internationaler Strafgerichtshof für Ex-Jugoslawien Nur noch ein Angeklagter auf der Flucht

Stand: 27.05.2011 12:15 Uhr

Seit 18 Jahren verfolgt der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien Kriegsverbrechen, die beim Auseinanderbrechen des Vielvölkerstaates begangen wurden. Bislang wurden 125 Verfahren abgeschlossen. Nach der Mladic-Festnahme ist jetzt noch ein Angeklagter auf der Flucht.

Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (IStGHJ) in Den Haag wurde im Jahre 1993 gegründet. Angeklagt werden Kriegsverbrechen, die während der Jugoslawien-Kriege in den 1990er-Jahren begangen wurden. Dazu gehören schwerwiegende Verstöße gegen die Genfer Völkerrechts-Konventionen von 1949, Verstöße gegen die Gesetze oder Gebräuche des Krieges, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das Tribunal hat bisher 161 Anklagen erhoben. 125 Verfahren wurden abgeschlossen. 36 Verfahren laufen noch.

Das Tribunal bezeichnete die Festnahme des früheren Militärführers der bosnischen Serben im Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina von 1992 bis 1995, Ratko Mladic, als einen Meilenstein in seiner Geschichte.

Teils sehr lange Haftstrafen verhängt

Bekanntester Angeklagter war bislang der frühere serbische und jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic, der 2000 gestürzt wurde und 2006 in der Untersuchungshaft in Den Haag starb. Der ehemalige Präsident der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, der nach jahrelanger Flucht im Juli 2008 in Belgrad verhaftet wurde, ist in Den Haag inhaftiert. Der Prozess gegen ihn begann im Oktober 2009. Der erste Zeuge wurde jedoch erst im April vergangenen Jahres vernommen. Ende März wurde das Verfahren für sechs Wochen unterbrochen, um ihm Gelegenheit zu geben, für seine Verteidigung Unterlagen der Anklage durchzuarbeiten. Karadzic und Mladic werden unter anderem für das Massaker von Srebrenica verantwortlich gemacht, bei dem 8000 Muslime ermordet wurden.

Zu den bekannteren bislang Verurteilten gehören Karadzics Nachfolgerin in der politischen Führung der bosnischen Serben, Biljana Plavsic, die eine elfjährige Haftstrafe erhielt, und der bosnisch-serbische General Radislav Krstic, der wegen Begünstigung und Unterstützung von Völkermord zu 35 Jahren Haft verurteilt wurde. Anzuführen ist auch der bosnische Serbe Goran Jelisic, der sich selbst "Adolf" nannte und zu 40 Jahren Haft verurteilt wurde.

Biljana Plavsic, ehemalige Präsidentin der bosnischen Serben

Biljana Plavsic bei der Verhandlung 2003

Nur noch ein Angeklagter ist auf der Flucht: der frühere Anführer der Serben in Kroatien, Goran Hadzic. Er wurde im Juni 2004 wegen Mord, Folter und Deportation von Nicht-Serben aus Ost-Slawonien angeklagt.