Parlament stimmt für Beitrittsverhandlungen Island will schnell in die EU
Island strebt in die Europäische Union. Das Parlament in Reykjavik folgte dem Wunsch der Regierung und stimmte für die Aufnahme von Verhandlungen mit Brüssel. Verlaufen diese erfolgreich, dann soll es nach dem Willen der Regierung eine Volksabstimmung über den Beitritt geben.
Das isländische Parlament hat mit knapper Mehrheit für die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen gestimmt. Die Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Johanna Sigurdardottir hatten sich für einen Aufnahmeantrag ausgesprochen, um die finanzielle Zukunft des von der Wirtschafts- und Finanzkrise schwer angeschlagenen Staats zu sichern. Für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen stimmten im Parlament 33 Abgeordnete, 27 stimmten dagegen. Verlaufen die Gespräche erfolgreich, dann soll es nach dem Willen der Regierung vor einem möglichen Beitritt erst noch eine Volksabstimmung geben.
Beitritt schon 2011?
Sigurdardottir hatte angekündigt, die im Atlantik gelegene Inselrepublik mit ihren 320.000 Einwohnern in die EU führen zu wollen. Der schwedische Außenminister Carl Bildt, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, stellte Island Ende Juni verkürzte Verhandlungen in Aussicht. Experten halten einen Beitritt zur EU schon 2011 für möglich. Damit würde das Land an anderen Staaten - vor allem Kroatien - vorbeiziehen, die zum Teil seit Jahren darauf hoffen, der Union beitreten zu dürfen.
"Island hat bereits drei Viertel des Weges in die europäische Integration zurückgelegt", sagte der schwedische Außenminister Carl Bildt schon vor dem Beschluss des Parlaments in Reykjavik. Die schwedische Ratspräsidentschaft kann das Tempo des Beitrittsprozesses beschleunigen oder verlangsamen. Sigurdardottir selbst rechnet damit, dass die Verhandlungen zweieinhalb bis dreieinhalb Jahre dauern könnten.
EU begrüßt Islands Initiative
Die EU-Kommission begrüßte das Beitrittsgesuch Islands. "Island ist ein europäisches Land mit langen, tiefen demokratischen Wurzeln", sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Die Entscheidung unterstreiche die "Lebendigkeit des europäischen Projektes". Die Beziehungen zwischen der EU und Island seien schon seit Jahren sehr eng, betonte Barroso. Island gehört seit 15 Jahren zum europäischen Wirtschaftsraum. Ähnlich äußerte sich der schwedische Ministerpräsident und amtierende EU-Ratspräsident Fredrik Reinfeldt.
Fischerei und Walfang mögliche Konflikte
Ein möglicher Streitpunkt wird die Fischereipolitik sein. Die Isländer verfügen im Atlantik über eine 200 Seemeilen tiefe nationale Fischereizone mit einer Größe von 760.000 Quadratkilometern. Hier befinden sich einige der größten Fischbestände des Ozeans. Und nach EU-Recht müssten diese zu EU-Gewässern werden. Ein weiteres Problem ist der Walfang - geächtet in der EU, aber von Island seit 2006 auch kommerziell wieder betrieben. Das Thema ist zwar wirtschaftlich nicht besonders wichtig, aber von solcher politischen Symbolik, dass es einige Anstrengungen erfordern könnte.
Finanzkrise noch nicht überwunden
Reykjavik muss noch ein weiteres Problem aus der Welt schaffen: Vor allem Großbritannien und die Niederlande erwarten, dass sich Island auch für die finanziellen Folgen der isländischen Bankenkrise in ihren Ländern verantwortlich fühlt. Im Blick auf diese Frage mahnte der finnische Außenminister Alexander Stubb erst im Juni in Reykjavik die Isländer: "Ich möchte gerne, dass Island so schnell wie möglich beitritt, aber sie sollten auch nicht zu hohe Hoffnungen haben."